FRANKFURT (Dow Jones)--Trotz wochenlanger Streiks bei der Post und in Kindergärten ist die Streikkasse der Gewerkschaft Ver.di nach Einschätzung von Experten immer noch gut gefüllt. Zwar hätten die beiden großen Streiks insgesamt mehr als 40 Millionen Euro gekostet und damit die Streikreserven eines Jahres aufgebraucht, Ver.di habe aber in den vergangenen Jahren viel Geld zurückgelegt, sagte der Tarifexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Hagen Lesch, der Welt am Sonntag.
Seit 2012 stecke die Gewerkschaft jedes Jahr acht Prozent ihrer Beitragseinnahmen in den Streikfonds, zuvor seien es nur drei Prozent gewesen. Bei Einnahmen von 444,4 Millionen Euro im vergangenen Jahr seien also allein 2015 mehr als 35 Millionen Euro in die Streikkasse geflossen. Hinzu kommen noch die Erträge aus dem Vermögen der Gewerkschaft, aus Immobilien, Anleihen und Aktien.
Allein der Ausstand der Postler dürfte nach den Berechnungen des IW-Experten rund 30 Millionen Euro gekostet haben. Pro Tag dürfte der Poststreik rund 1,2 Millionen Euro kosten. Lesch geht dabei von durchschnittlich 20.000 (Vollzeit-)Streikenden und einem Ausfallgeld von 61 Euro je Tag aus. Hinzu komme der rund vierwöchige Streik im Sozial- und Erziehungsdienst, der mit bis zu 12 Millionen Euro zu Buche schlagen dürfte.
Die Gewerkschaft hält sich mit Aussagen zu ihrer Streikkasse gemeinhin zurück. Der teuerste Streik in der Geschichte der Dienstleistungsgewerkschaft war der Streik 2006 im Öffentlichen Dienst der Länder. Der Streik, der sich über 16 Wochen hinzog, dürfte Ver.di bis zu 60 Millionen Euro gekostet haben, schätzt Lesch. Im Jahr darauf sei ein langer Streik bei der Telekom gefolgt. Seitdem habe die Gewerkschaft ihre Strategie verändert und setze verstärkt auf Warnstreiks, für die weniger Geld ausgegeben werden müsse.
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
DJG/gos
(END) Dow Jones Newswires
July 04, 2015 20:01 ET (00:01 GMT)
Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.