17. September 2015. Autobauer scheinen die Verluste der vergangenen Monate an den Aktienmärkten so langsam zu verdauen. Die Aufmerksamkeit anlässlich der gegenwärtig stattfindenden größte Automobilausstellung der Welt unterstützt dabei.
Zur Eröffnung der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt zeigen viele Autobauer-Aktien nach dem Schwächeanfall leichte Erholungstendenzen. Sorgen um die Absätze in ehemals gut laufenden Märkten wie China, Russland und Brasilien wurden mittlerweile von erfreulichen Zahlen in Europa für den Monat August überholt. 781.676 zugelassene Fahrzeuge entsprechen laut europäischem Automobilherstellerverband ACEA einem Plus von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Den größten Zuwachs mit 23 Prozent gebe es in Spanien. Seit Jahresbeginn nahm der Absatz demnach um 8,6 Prozent auf 9,38 Millionen Autos zu. Das Geschäft in den USA boome ebenfalls. Im August seien in der weltgrößten Volkswirtschaft wieder mehr Autos verkauft worden als in China.
"Die europäische Konjunktur entwickelt sich insgesamt gar nicht so schlecht", meint Roland Stadler von der Baader Bank." China sei zwar ein wichtiger Markt für die Branche. Die Zuwächse in Europa und Nordamerika würden den Rückgang dort aber zum Teil abfedern. In Deutschland sei beispielsweise der Fahrzeugbestand mit einem Durchschnittsalter von neun Jahren ziemlich überaltert. "Da ist es vorprogrammiert, dass die Menschen sich in absehbarer Zeit neue Autos kaufen."
Selbst Daten aus dem Reich der Mitte lassen hoffen. Der chinesische Branchenverband PCA hat für den vergangenen Monat eine Mini-Entwarnung gegeben. Mit 1,44 Millionen verkauften Fahrzeugen sei der Markt immerhin um 0,6 Prozent gewachsen. Allerdings erwarten Experten wie Ferdinand Dudenhöffer vom Center for Automotive Research dennoch für das kommende Jahr sinkende PKW-Verkäufe um mindestens 4 Prozent auf 17,8 Millionen.
Nissan in Europa gut aufgestellt
Mit Absatzproblemen hat der japanische Hersteller Nissan (WKN 853686) zumindest in Europa kaum zu kämpfen. "Bereits nach 21 Monaten sind 500.000 des Modells Qashqai der neuen Generation in Großbritannien vom Band gelaufen", weiß Walter Vorhauser von Oddo Seydler. Diese Marke hätte Ford mit dem Cortina erst nach 34 Monaten geknackt. Auf Europas Straßen tummelten sich mittlerweile über 2,5 Millionen Qashqais. Damit belege Nissan im Crossover-Markt den Spitzenplatz.
Eine Weiterentwicklung des Segments, die zur IAA unter dem Namen Gripz Concept vorgestellt werden soll, siedeln die Japaner nach Beobachtung von Vorhauser voraussichtlich im extrem sportlichen Bereich an. "Das scheint der neue Trend zu werden." Die Nissan-Aktie ist nach dem Tief bei 7,50 Euro Anfang September derweil wieder bis auf 8,40 Euro gelaufen. "Die große Aufmerksamkeit durch die IAA dürfte den Kursen noch mehr Schwung verleihen."
Mit Hyundai-Automaten die Zukunft gestalten
Auf einen Wachstumsschub durch die Einführung einer Hochleistungsmarke setzt auch Hyundai (WKN 885166). Mit dem i20 World Rallye Championship Car würden die Koreaner eine deutliche Emotionalisierung der Marke über den Motorsport anstreben. Dafür entwickele der Konzern rennsporttaugliche Fahrzeuge mit modernster Technologie. "Die Koreaner nehmen viel Geld in die Hand, um bei hochentwickelten Assistenzsystemen vorn mitspielen zu können", bemerkt Vorhauser. Mit Investitionen in Höhe von 1,7 Milliarden US-Dollar bis 2018 wolle Hyundai selbstfahrende Autos bereits ab 2020 zur Serienreife bringen. "Diese Strategie soll die Serie von rückläufigen Gewinnen bei dem weltweit fünftgrößten Autobauer durchbrechen." Der Verlauf der Hyundai-Aktie sei branchentypisch. Nach dem Rutsch bis 32 Euro müssen Anleger aktuell wieder über 40 Euro für einen Anteil hinlegen.
Kurseinbruch überzogen
Für Stadler waren die Verluste an den Aktienmärkten für die gesamte Branche zum Teil übertrieben. "Wenn sich Aktien innerhalb kürzester Zeit halbieren, dann stellt sich schon die Frage, ob das berechtigt ist." Beispielsweise hat der Kurs des deutschen Lackieranlagenherstellers Dürr (WKN 556520) in den vergangenen Monaten von 110 auf 60 Euro eingebüßt und notiert mittlerweile wieder bei knapp 70 Euro. Eine ähnliche Entwicklung zeige die französische Valéo (WKN 854052). Nach dem Einbruch der Aktie von 155 auf 100 Euro hat sich der Wert auf knapp 120 Euro wieder berappelt.
Im Übrigen seien japanische Zulieferer wie Denso (WKN 858734) mit einer Korrektur von rund 20 Prozent auf 5.000 Yen nicht ganz so hart abgestraft worden. Nach der Erholung auf 5.700 Yen steht die Aktie derzeit nur noch 10 Prozent im Minus. Die Aktie des kanadischen Magna (WKN 868610) verlor nach 75 kanadischen Dollar (CAD) in der Spitze bis auf 57 CAD und erholte sich wieder bis auf 67 CAD. "Dabei haben europäische Konzerne durch den schwächeren Euro einen Wettbewerbsvorteil", meint Stadler.
Europäische Zulieferer gut gerüstet
Der Gegenwind aus China wird nach Meinung der Ratingagentur Moody's die europäischen Automobilzulieferer kaum bremsen. Dank steigender Nachfrage in Europa und Nordamerika rechnet Moody's mit stärkeren Gesamtjahresergebnissen für die Branche. Neben der Gemeinschaftswährung wirke sich der Rohstoffverfall kostensenkend aus.
von Iris Merker, Deutsche Börse AG
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© 17. September 2015
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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