27. Juli 2015.Überzeugende europäische Firmenbilanzen könnten dem DAX nach Meinung von Analysten nach der Verschnaufpause neue Kraft verleihen.
Geht der DAX-Erleichterungsrally nach der Entscheidung für Verhandlungen mit Griechenland über ein drittes Rettungspaket bereits die Luft aus? Das deutsche Aktienbarometer verlor in der vergangenen Woche 343 Punkte und schloss am Freitag bei einem Stand von 11.347 Zählern. Das entspricht einem Minus von 2,9 Prozent. An diesem Montagmorgen geht der DAX ebenfalls mit einem Minus in den Handel und steht bei etwa 11.220 Punkten gut 1 Prozent tiefer.
Auch der Dow Jones büßte 2,9 Prozent ein, S&P 500 und Nasdaq notierten 2,3 Prozent schwächer. Analysten machen fallende Rohstoffpreise und die schwelende Krise an den chinesischen Märkten mitverantwortlich. Das dämpfe die Anlegerstimmung.
"Dass der befürchtete Grexit abgewendet wurde, ist an den Aktienmärkten inzwischen abgefeiert", begründet Markus Reinwand von der Helaba die Schwäche an den Aktienbörsen. "Nach der niedrigen Volatilität zu urteilen, scheinen sich Anleger entspannt zurückzulehnen und auf neue Impulse zu warten." Diese könne US-Notenbank-Chefin Janet Yellen am kommenden Mittwoch liefern. Von der letzten Offenmarktausschuss-Sitzung vor der Zusammenkunft im September rechneten Marktteilnehmer mit weiteren Hinweisen zur Zinswende. Eine Anhebung der Federal Funds Rate erwartet die HSBC allerdings erst im Dezember 2015.
Fokus auf Folgen höherer Zinsen
Nach der Sommerpause wird voraussichtlich generell das Zinsänderungsrisiko stärker in den Anlegerfokus rücken, wie Robert Halver vermutet. "Das ist kein Wunder, denn für die aktuell ultraniedrigen Renditen fehlt jede Rechtfertigung", meint der Analyst der Baader Bank. Seit dem Zusammenbruch der Immobilienblase im Jahr 2008 seien die Staatsschulden weltweit um die Hälfte auf - konservativ geschätzt - 60 Billionen US-Dollar angestiegen. "Durch das planwirtschaftliche Eingreifen der großen Notenbanken haben die Anleihemärkte allerdings ihre Funktion als marktwirtschaftliche Züchtigungsanstalten verloren." In früheren Zeiten wäre die höhere Verschuldung von Ländern mit Rendite-Risikoaufschlägen bestraft worden. Heute sorgten Zentralbanken dafür, dass der Zinsdienst auf die Staatsschulden mühelos zu stemmen ist. Licht und Schatten bei US-Konzernen
Die US-Berichtssaison für das zweite Quartal ist in vollem Gange. Dabei gebe es nicht nur Anlass zum Jubeln. Bislang habe rund ein Drittel der S&P 500-Unternehmen Zahlen vorgelegt. "Während sich beim Umsatz positive und negative Überraschungen die Waage halten, konnten bei den Nettoergebnissen rund 73 Prozent die Konsens-Schätzungen übertreffen", beobachtet Reinwand. Dies liege allerdings in erster Linie an den zuvor deutlich reduzierten Erwartungen. "Bei den Ausblicken auf das nächste Quartal überwiegen bisher klar die Abwärtsrevisionen." Somit werde die Luft immer dünner, was sich auch an den zum Teil deutlichen Kursreaktionen bei Zielabweichungen ablesen lasse.
"Branchenübergreifende Belastungsfaktoren für die Unternehmensergebnisse sind der exporthemmende US-Dollar und die verhaltene chinesische Konjunktur", bemerkt Halver. IBM verbuche in China einen Umsatzeinbruch um 40 Prozent bei zugleich deutlich volatileren Geschäften in Russland. Ebenso werde Caterpillar von der US-Dollar-Stärke und einem Abwärtstrend der Geschäfte in China heimgesucht.
Europa sticht USA
Im Gegensatz dazu sei die deutsche Berichtsaison unter anderem mit einem soliden Ergebnis von Daimler angelaufen. "Im ebenso überzeugenden Ausblick zerstreut der Autobauer die Ängste vor konjunkturellen Bremsspuren aus China", weiß Halver. Grundsätzlich profitierten Aktien aus dem Euroraum von der schwachen eigenen Währung, der EZB-Liquiditätshausse, der anhaltenden Renditeschwäche bei Zinsanlagen, den Strukturreformen etwa in Spanien und dem volkswirtschaftlichen Nachholbedarf in Frankreich, Italien und Spanien. "Als Vision kommt das Wirtschaftspotenzial des Irans hinzu, wo die Sanktionen allmählich auslaufen werden." Durch die marode iranische Infrastruktur böten sich insbesondere für deutsche Industriewerte hervorragende Perspektiven.
Anders als in den vergangenen Jahren, als die US-Konzerngewinne deutlich über den der Eurozone gelegen hätten, zeichne sich mittlerweile eine Trendwende ab. "Insgesamt hat Europa gegenüber den USA die fundamental attraktiveren Aktien", urteilt der Baader Bank-Analyst. Weder Fisch noch Fleisch
Aus charttechnischer Perspektive befindet sich der DAX nach Ansicht von Christian Schmidt aktuell in einer richtungsweisenden Phase. "Zuletzt wurden einige Schwächezeichen sichtbar", beschreibt der technische Analyst der Helaba. Neben dem Scheitern an einer Strukturprojektionsmarke im Bereich von 11.800 Zählern spiele der Rutsch sowohl unter die 100-Tage- als auch die 45-Grad-Linie eine Rolle. Zudem zeige der Slow Stochastic nach unten. "Solange die markanten Unterstützungen im Bereich von 11.358 bzw. 11.313 Punkten nicht nachhaltig unterschritten werden, ist es aber noch zu früh, von einer anhaltenden Trendwende zu sprechen."
Wachsamkeit ist angebracht
Für Christoph Geyer von der Commerzbank ist von technischer Seite beim deutschen Bluechip-Index bislang noch nicht viel passiert. "Eine Korrekturbewegung ist nach einem Ausbruch aus einem Trendkanal wie beim DAX nichts Ungewöhnliches." Die jüngste Entwicklung habe die Marktteilnehmer aber nervös gemacht. "Solange der Index nicht in den alten Abwärtstrendkanal zurückfällt, ändert sich an der guten technischen Ausgangslage aber nichts", meint Geyer.
Dennoch sei mit Blick auf die Indikatoren Vorsicht angebracht. Der Stochastik-Indikator hat ein Verkaufssignal generiert und der MACD-Indikator könne dem Beispiel folgen. "Die Umsätze bleiben allerdings auf niedrigem Niveau stabil, was ein gutes Zeichen ist." Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
In dieser Woche nimmt die deutsche Berichtssaison für das abgelaufene Quartal an Fahrt auf. Unter anderem öffnen Schwergewichte wie Bayer, Deutsche Bank, Deutsche Börse, Deutsche Lufthansa, Fresenius, Fresenius Medical Care, HeidelbergCement, Infineon, Linde, Siemens und VW ihre Bücher. Aus der zweiten Reihe veröffentlichen Airbus, Aixtron, Deutsche Annnington, Drägerwerk, Dürr, Hochtief, Morphosys und Osram Licht ihre jüngsten Ergebnisse.
Mittwoch, 29. Juli
20.00 Uhr. USA: Veröffentlichung der Sitzungsprotolle des Offenmarktausschusses der Federal Reserve. Die Analysten der DekaBank erwarten einen ereignisarmen Zinsentscheid. Zwar hätten sich die meisten makroökonomischen Kennzahlen seit Mitte Juni verbessert, was sich vermutlich in einem nochmals konjunkturfreundlicheren Statement niederschlagen werde. Die jüngsten Aussagen von Janet Yellen und anderen Sitzungsteilnehmern ließen jedoch nicht den Schluss zu, dass bereits bei diesem Treffen die Leitzinswende eingeläutet wird. Nur bei einer Zinserhöhung finde eine Telefonkonferenz zwischen der Zentralbankchefin und ausgewählten Journalisten statt.
Freitag, 31. Juli
11.00 Uhr. Euroraum: Verbraucherpreise Juli. In der Eurozone ist die Inflationsrate im Juni überraschend wieder leicht zurückgefallen. Mit nur 0,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr lag die Jahresrate der Konsumentenpreise laut HSBC damit weiter deutlich unter dem mittelfristigen Ziel der EZB von unter, aber nahe 2 Prozent. Daran werde sich vermutlich auch in den kommenden Monaten wenig ändern. Die nachlassende Dynamik bei den Dienstleistungspreisen sorge voraussichtlich dafür, dass etwaige, durch die Abwertung des Euro seit dem vergangenen Jahr herbeigeführten Preisanstiege im Warenverkehr kompensiert würden. Ein vorzeitiges Ende der EZB-Anleihen-Käufe bleibe damit wenig wahrscheinlich.
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Von Iris Merker, Deutsche Börse AG
© 27. Juli 2015
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