Von Manuel Priego Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Wachstumsängste rund um China sind scheinbar an den schnelllebigen Finanzmärkten schon fast wieder vergessen. Die Angst vor einer globalen Rezession, ausgelöst durch die Krise im Reich der Mitte, ist den Unsicherheiten rund um das weitere geldpolitische Vorgehen der US-Notenbank gewichen. Das sind erst einmal gute Nachrichten, wenden sich die Anleger damit doch wieder altbekannten Themen zu. Zugleich beschränken die geldpolitischen Unsicherheiten in den USA das Aufwärtspotenzial an den Börsen.
Die jüngsten Turbulenzen an den Märkten haben nicht nur die Anleger, sondern auch die US-Währungshüter auf dem falschen Fuß erwischt. Gleich mehrere Fed-Mitglieder haben sich zuletzt "taubenhaft" geäußert. An den Finanzmärkten wird nur noch mit einer Wahrscheinlichkeit von 25 Prozent erwartet, dass die Leitzinsen im September erhöht werden. Vor den Marktverwerfungen war sie noch doppelt so hoch. Sollte sich am Samstag Fed-Vize, Stanley Fischer, auf dem Zentralbanker-Treffen in Jackson Hole ebenfalls taubenhaft äußern, ist eine Erhöhung im September wohl passé.
Aber selbst wenn sich Fischer "dovish" äußern sollte, dürfte er die Tür für Zinserhöhungen im weiteren Jahresverlauf offen halten. Wie die Commerzbank anmerkt, sind in diesem Zusammenhang auch die in der kommenden Woche anstehenden US-Daten von großem Interesse, insbesondere der US-Arbeitsmarktbericht am kommenden Freitag. Denn sollten die Daten das Bild einer robusten Konjunktur sowie eines starken Arbeitsmarktes unterstreichen, stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich die Zinserwartungen stabilisieren, so die Analysten.
Damit erscheint das Aufwärtspotenzial an den Börsen begrenzt. Denn Investoren fürchten Unsicherheiten jeglicher Art wie der Teufel das Weihwasser. Gegen eine schnelle Erholung auf neue Hochs sprechen auch die anhaltenden Wachstumssorgen. Zwar ist die Angst vor einer globalen Rezession in den Hintergrund getreten, die Wachstumsraten in den Schwellenländern werden aber bis auf weiteres nicht an die alten Werte anknüpfen. Auch sind die Aktienmärkte nach dem Ausverkauf technisch angeschlagen - der DAX notiert bei 10.275 Punkten und damit noch weit unter der 200-Tage-Linie bei fast 11.000.
Die Sitzung der EZB am kommenden Donnerstag wird ebenfalls wohl nicht dazu angetan sein, große Kursfantasie an den Märkten zu entfachen. Zwar dürfte die Notenbank laut der Commerzbank die Wachstumserwartung für die Eurozone für das laufende Jahr leicht auf 1,4 von 1,5 Prozent nach unten anpassen. Geldpolitischer Handlungsbedarf ergibt sich hieraus allerdings wohl kaum, schon gar nicht für das Wertpapierkaufprogramm der EZB. Dieses läuft mindestens bis September 2016, viele Beobachter gehen aber davon aus, dass es über diesen Zeitraum hinaus verlängert wird.
Die Erholungsbewegung an den Börsen nach dem Minicrash dürfte zwar noch nicht vollständig abgeschlossen sein. Mit einer Fortsetzung der Rally wie in den vergangenen Tagen sollten die Anleger aber nicht mehr rechnen. Das Aufwärtspotenzial scheint nicht nur wegen der Zinsunsicherheiten in den USA begrenzt. Mit dem vor der Haustür stehenden Monat September beginnt auch eine für die Börsen traditionell schwierige Jahresphase. Diese ist häufig durch höhere Volatilitäten gekennzeichnet. An die Turbulenzen der jüngsten Tage sollten diese aber nicht mehr heranreichen.
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August 28, 2015 07:26 ET (11:26 GMT)
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