Von Valentina Pop
BRÜSSEL (Dow Jones)--Die EU-Kommission macht Ernst mit der gerechteren Verteilung von Flüchtlingen unter den EU-Mitgliedsländern. Bis zu 160.000 Asylsuchende, die in Italien, Griechenland oder Ungarn ankommen, sollen auf deutlich mehr Staaten als bisher aufgeteilt werden, wie ein an den Planungen beteiligter Beamter sagte. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wolle die Details zum Vorstoß in den nächsten Tagen ausarbeiten und am kommenden Mittwoch vorstellen.
Neben Junkers Initiative erhöhen auch Deutschland und Frankreich als mächtigste Länder Europas den Druck auf die Partnerländer. Paris und Berlin wollen verpflichtende Quoten festlegen, wie viele Flüchtlinge jedes Land aufnehmen muss. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Präsident Francois Hollande haben am Vormittag per Telefon über das drängende Problem gesprochen.
Ohne verbindliche Quoten, so die Überzeugung beider Politiker, werde Europa am Strom der Menschen scheitern. "Anders werden wir diese Frage nicht bewältigen", sagte die Kanzlerin am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Bern. Die deutsch-französische Position soll nun an die europäischen Institutionen übermittelt werden.
Für Juncker ist es der zweite Anlauf, nachdem er im Mai an einem Quotensystem für 40.000 Flüchtlinge gescheitert war. Der Widerstand vor allem der osteuropäischen Länder war zu groß.
Wie verfahren die Lage mittlerweile ist, versinnbildlichte der Auftritt von Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban bei einem Besuch in Brüssel. "Das Problem ist nicht ein europäisches Problem, das Problem ist ein deutsches Problem", sagte Orban am Vormittag. Keiner der Flüchtlinge wolle "in Ungarn bleiben", "alle wollen nach Deutschland gehen".
Ungarn überlässt die Flüchtlinge auf dem Ostbahnhof in Budapest weitgehend sich selbst. Am Donnerstag war es zu Tumulten gekommen, weil die Polizei zunächst einen mit Schutzsuchenden vollgestopften Zug Richtung Österreich losfahren ließ, um ihn in einem Vorort wieder zu stoppen und zu räumen.
Die Bundeskanzlerin erinnerte Orban an seine Pflichten zum Schutz von Asylsuchenden. "Die Genfer Flüchtlingskonvention gilt nicht nur in Deutschland, sondern in jedem EU-Mitgliedstaat." Man müsse denen Schutz gewähren, die Schutz verdienten. "Deshalb ist das Problem - ein Problem, das uns alle in Europa angeht", stellte die CDU-Vorsitzende klar.
(Mitarbeit: Andreas Kißler)
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September 03, 2015 10:29 ET (14:29 GMT)
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