Von Benjamin Krieger
FRANKFURT (Dow Jones)--Der DAX hat am Freitag gute Chancen, erstmals seit drei Wochen wieder über 10.000 Punkten zu schließen. Mit Blick auf die kommende Börsenwoche wäre das eine gute Vorlage. Nach dem Protokoll der jüngsten Sitzung der US-Notenbank verschieben die Akteure an den Finanzmärkten die Prognose für den Zeitpunkt einer ersten Zinserhöhung in den USA erneut nach hinten. Das lässt Investoren wieder risikofreudiger werden - und Aktien kaufen.
"Die Fed setzt auf Zeit wegen der Sorgen um eine weltweite Abkühlung der Konjunktur", sagt Maritza Cabezas von ABN Amro. Der enttäusche Arbeitsmarktbericht für September am vergangenen Freitag habe die Unsicherheiten innerhalb der US-Notenbank vermutlich noch verstärkt. "Unserer Ansicht nach wird die erste Zinserhöhung nicht vor Juni 2016 kommen", sagt die Volkswirtin.
Mehr Aufschluss über die Befindlichkeiten der Notenbanker in den USA dürfte am Mittwoch das sogenannte Beige Book geben, der Konjunkturbericht der zwölf regionalen Notenbanken in den USA. Vor allem die schwache Konjunktur in China - und in der Folge in den Emerging Markets - lässt die Fed-Gouverneure in Sachen Zinserhöhung noch zögern. "Die Fed wird also auf bessere Daten warten, die zeigen, dass die Risiken in den Emerging Markets nachlassen", sagt Cabezas.
Allerdings wird sich in den nächsten Wochen der Blick der Investoren immer mehr auf die Prognosen der Unternehmen selbst richten. Gerade zum Beginn der Berichtssaison in den USA dürfte die Wall Street zum Schrittmacher für die Weltbörsen werden. Immerhin veröffentlichen mit Intel, Johnson & Johnson, Delta Airlines, Netflix, Schlumberger, Philip Morris, General Electric und Honeywell gleich mehrere Schwergewichte ihre Quartalsberichte und Prognosen.
Nach Einschätzung von Stuart Kirk von der Deutschen Bank haben Anleger zuletzt "schlecht gerechnet". Denn aktuell preisten die Börsen für alle 500 Unternehmen des S&P-500-Index einen kumulierten Gewinn je Aktie von 120 Dollar ein, 10 Dollar weniger als noch Ende September. Der festere Dollar und der schwächere Ölpreis rechtfertigten jedoch nur einen Abschlag von 3,50 Dollar auf die Gewinne des S&P-500. Sollte Kirk recht behalten, hätte die Wall Street also Erholungspotenzial.
Auch auf die Finanzbranche gilt es zu achten. Im Laufe der kommenden Woche legen J.P. Morgan, die Bank of America, Blackrock, Wells Fargo, die Citigroup, Charles Schwab, Goldman Sachs und U.S. Bancorp ihre Geschäftsberichte vor. Immerhin sind die "Financials" mit einem Sechstel des S&P-500-Indexes gewichtet und somit hinter der IT-Branche der zweitschwerste Sektor. Hat die Wall Street also gute Gewinne gemacht, könnte das auch die anderen Börsen befeuern.
Kontakt zum Autor: benjamin.krieger@dowjones.com
DJG/bek/ros
(END) Dow Jones Newswires
October 09, 2015 07:25 ET (11:25 GMT)
Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.