
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Das Wachstum von Einkommen und Ersparnissen privater Haushalte im Euroraum hat sich nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) im zweiten Quartal 2015 beschleunigt. Nach Mitteilung der EZB, die diese Daten erst seit kurzem veröffentlicht, nahm zugleich die Verschuldung ab. Die Investitionen der Haushalte konzentrierten sich auf den nicht-finanziellen Bereich. Deutschland steht dank seines robusten Arbeitsmarkts gut da.
Laut EZB sank die Arbeitslosenquote zwischen dem vierten Quartal 2014 und dem vierten Quartal 2015 von 11,6 auf 11,0 Prozent, während zugleich die Beschäftigung mit einer Jahresrate von 0,9 (viertes Quartal 2014: 0,9) Prozent zunahm. Die verfügbaren Bruttoeinkommen stiegen mit einer Jahresrate von 2,3 (1,5) Prozent und nach Inflationsbereinigung um 1,8 (1,7) Prozent.
Am stärksten fiel der Anstieg der verfügbaren Realeinkommen mit 5,9 und 4,9 Prozent in Lettland und Irland aus. Auch die griechischen Einkommen erhöhten sich um 4,8 Prozent. Allerdings waren sie in den vier Jahres zuvor jährlich um gut 4 Prozent zurückgegangen. Deutschland lag mit 1,4 Prozent unter dem Durchschnitt von 1,8 Prozent. Sinkende verfügbare Realeinkommen verzeichneten Zypern (4,3 Prozent), Österreich (2,0 Prozent) und Finnland (0,9 Prozent).
Vor diesem Hintergrund steigerten die privaten Haushalte des Euroraums ihren realen Konsum mit einer Jahresrate von 1,6 (1,6) Prozent. Besonders dynamisch verlief diese Entwicklung in Lettland (plus 6,2 Prozent) und Estland (plus 5,8 Prozent), während Deutschland auf einen Zuwachs von 1,2 Prozent kam. In Luxemburg und Österreich wurde der reale Konsum um 1,4 und 0,4 Prozent reduziert.
Die Sparquote erhöhte sich gegenüber dem Vorquartal auf 12,8 (12,7) Prozent, während die Verschuldung auf 95,0 (95,3) Prozent in Relation zur Wirtschaftsleistung sank. Laut EZB lag sie damit wieder auf dem Niveau von 2009. Spitzenreiter bei der Sparquote waren Deutschland (17,0 Prozent) und Frankreich (14,8 Prozent), während in Ersparnisse in Griechenland und Zypern um 8,2 und 7,6 Prozent schrumpften.
Bei der Verschuldung lagen mit 214,9 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung die Niederlande vorn, gefolgt von Zypern mit 198,5 Prozent. Deutschland kam auf 82,3 Prozent, am geringsten verschuldet war Litauen mit 34,2 Prozent.
Die nicht-finanziellen Investitionen, also vor allem in Wohnimmobilien, wurden im Euroraum um 1.577 (Vorquartal: 1.579) Euro pro Kopf ausgeweitet. Die Finanzinvestitionen nahmen pro Kopf um 1.169 (1.132) Euro zu, wovon mit 694 (705) Euro der größte Teil auf Lebensversicherungen und Pensionspläne entfiel. Auf den Plätzen zwei und drei folgten Fremdwährungs- und Sichteinlagen mit 641 (599) Euro sowie Fonds und Aktien mit 599 (567) Euro. Die Investitionen in Schuldverschreibungen wurden um 682 (691) Euro reduziert. Die finanziellen Verbindlichkeiten nahmen pro Kopf um 286 (269) Euro zu.
Das Nettovermögen der Haushalte erhöhte sich um gut 3.014 Euro pro Kopf. Davon entfiel mehr als die Hälfte auf eine höhere Bewertung bereits vorhandener finanzieller und nicht-finanzieller Vermögenswerte und weniger als die Hälfte auf neue Investitionen, vor allem finanzieller Art.
Über die höchsten Finanzvermögen verfügten im zweiten Quartal mit 666 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung die niederländischen Haushalte. Mehr als die Hälfte hiervon entfiel auf Lebensversicherungen und Pensionspläne. Es folgten Luxemburg (keine BIP-Relation), Belgien (516 Prozent) und Irland (400 Prozent). Deutschland lag mit 284 Prozent nur knapp über dem Eurozone-Schnitt von 336 Prozent.
Die höchsten Zuwächse ihres Nettowerts seit dem vierten Quartal 2014 verzeichneten Irland (14.338 Euro) und die Niederlande (13.104 Euro), was im Falle Irlands überwiegend an einer höheren Bewertung des Immobilienbesitzes, in den Niederlanden aber an der höheren Bewertung der Finanzvermögen lag. Deutschland kam mit 5.392 Euro Zuwachs immerhin auf Platz drei, wobei hier Wertsteigerungen von Immobilien die größte Rolle spielten.
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November 10, 2015 07:22 ET (12:22 GMT)
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