Hagen (ots) - Das Bildungsideal hat sich gewandelt. Ging es früher im besten Fall darum, Verstand, Seele und Herz gleichermaßen zu fordern und Kritikfähigkeit zu trainieren, so muss Bildung heute messbar nützlich sein. Die Eltern wollen Erfolg, und die Arbeitgeber wollen funktionierende Mitarbeiter. Poesie und Literatur, Musik, allzu viel Geschichte und auch Latein kommen unter Rechtfertigungsdruck. Wofür braucht man das noch? So lautet die Gretchenfrage des modernen Bildungssystems. Im Hintergrund lauert der Generalverdacht, Fächer wie Latein dienten als Instrument, um die Teilhabe zu begrenzen. Dabei wird gerne vergessen, was eigentlich das Ziel des Lernens ist. Das besteht darin zu lernen, wie man lernt. Und dann zu lernen, wie man denkt. Wer das begriffen hat, wird es ein Leben lang in unterschiedlichsten Situationen anwenden können. Befremdlich ist zudem ein Denkfehler in der Reform der Lehrerausbildung, bei der Lateinkenntnisse künftig verzichtbar sind. Hier streut sich die Politik selbst Sand in die Augen, wenn sie annimmt, eine Sprache sei ohne ihren historisch-kulturellen Hintergrund zu erfassen. Bei Französisch, Italienisch und Spanisch kommt man um die Römer nicht herum. Bei Englisch und Deutsch übrigens auch nicht.
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