Von Ilka Kopplin
DETROIT(Dow Jones)--Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld hat den Börsengang im Herbst gegen Zweifel im eigenen Unternehmen durchgesetzt. Eine Absage des IPO sei in der Diskussion gewesen. "Ich war immer gegen das Abbrechen", sagte der Manager jedoch im Gespräch mit Dow Jones Newswires. Man prüfe in solchen Situationen "alle Optionen", es seien "dramatische Tage" gewesen.
Der Automobilzulieferer hatte den Gang aufs Parkett im September vergangenen Jahres angekündigt, genau in den Tagen, als über Volkswagen der Skandal über manipulierte Abgaswerte in Diesel-Fahrzeugen hereinbrach. Nicht nur die VW-Aktie, sondern die Papiere vieler Unternehmen in der Branche verloren massiv an der Börse.
Der Gegenwind mit Blick auf Volkswagen und auch mit Blick auf die turbulenten Zeiten auf dem chinesischen Markt sei deshalb groß gewesen, sagte Rosenfeld. Schaeffler war jedoch bereits mitten im Prozess. Monatelang sei alles vorbereitet worden, bis hin zu der Frage, wie es aussehe, wenn im Frankfurter Börsensaal die Glocke geläutet werde. "Das ist alles durchdacht und gemacht", sagte Rosenfeld. "Sie können abbrechen. Aber wenn Sie das tun, dann ist erst einmal ein halbes Jahr Ruhe", sagte der Ex-Banker, der im Frühjahr 2009 als Finanzvorstand zu dem Familienunternehmen in Herzogenaurach kam.
Den Börsengang schließlich doch zu vollziehen, sei deshalb eine "mutige Entscheidung" gewesen. Er sei von dem IPO überzeugt gewesen und habe immer gesagt, "wir ziehen das durch". Er selbst habe in "engster Abstimmung" mit der Eignerfamilie Schaeffler Schritt für Schritt alles vorbereitet. Die hat nach Meinung Rosenfelds am Ende "großes Entgegenkommen" gezeigt, eben weil sie sich auf die Konditionen einließ, die nicht optimal gewesen seien. Schließlich musste Schaeffler auf die turbulenten Zeiten reagieren. Anstatt 166 Millionen Aktien wurden nur 75 Millionen platziert. Zudem musste der IPO um einige Tage verschoben werden.
Rosenfeld, der nach eigener Aussage "viel Transaktionserfahrung" hat, ist von seiner eigenen Leistung mit Blick auf den Börsengang derweil sehr überzeugt. "Das war doch spektakulär", sagte er. Besonders einen Aspekt wird er dabei nicht müde zu betonen: "Bis zum letzten Tag ist da nichts geleakt, nichts ist rausgegangen. Keiner hatte eine Spur", betonte der Manager im Gespräch. Der Kreis der Mitwisser sei mit der Zeit immer größer geworden, und dennoch sei es ihm gelungen, den IPO bis zum Schluss vertraulich zu halten.
Den Einwand, dass Dow Jones Newswires und andere Medien mehrfach über einen möglichen Börsengang berichtet hatten, verwarf er. Das seien Gerüchte gewesen. Aber Konkretes sei nie an die Öffentlichkeit gedrungen. "Das ist schon eine Leistung bei so einer komplexen Sache", betonte Rosenfeld. Das betrachte er als "einen der größten Erfolge", sagte er.
In Rente gehen will Rosenfeld trotz dieses persönlichen Erfolgs nicht. Zukünftig will er sich stattdessen wieder mehr um das operative Geschäft kümmern. "Ich werde mich mit Sicherheit wieder stärker ins Kundengeschäft einbringen", sagte er. Das werde in den nächsten Jahren im Vordergrund stehen.
Das vergangene Jahr sei wieder "mit vernünftigem Wachstum" verlaufen. In der Automobil-Sparte sei das Unternehmen mit Sicherheit zweistellig gewachsen. Auch das Margenziel werde Schaeffler "gut erreichen". Zuletzt hatte der Zulieferer konzernweit ein währungsbereinigtes Umsatzwachstum zwischen 4 und 5 Prozent bei einer Marge vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 12 bis 13 Prozent prognostiziert. Nach neun Monaten hatte Schaeffler einen Umsatz von 9,98 Milliarden Euro bei einer operativen Marge von 12,5 Prozent erzielt.
Derzeit arbeite Schaeffler an der Strategie für die nächsten fünf Jahre. Besonderes Augenmerk wird dabei der Industrie-Sparte zukommen, die seit längerem schwächelt. Im vergangenen Sommer hatte Schaeffler für die Sparte deshalb das Sparprogramm Core auf den Weg gebracht. Core stehe in dem Fall einerseits für die Zusage, dass das Industriegeschäft auch zukünftig Kerngeschäft bleibe. Andererseits habe Jürgen Klinsmann vor einigen Jahren einmal für die Fußball-Nationalmannschaft auf ein Fitnessprogramm mit dem Namen Core gesetzt. Rosenfeld mag Analogien, wie er sagt. Fit gemacht werden soll die Sparte unter anderem durch den Abbau von rund 500 Jobs, der allerdings ohne betriebsbedingte Kündigungen abläuft. "Da hatte sich über die Zeit auch ein gewisser Overhead aufgebaut, den wir jetzt angepackt haben", sagte Rosenfeld.
Dieser Wasserkopf habe vor allem mit der bisherigen Organisation des Geschäfts zu tun. Die Kunden der Industrie-Sparte seien eher regional orientiert, die Sparte jedoch "verkehrterweise" global organisiert gewesen. Dementsprechend könne man im Prinzip "eine ganze Ebene von Business Developern" herausnehmen und das Geschäft stärker fokussieren. Ein Teil dieser Mitarbeiter, beispielsweise aus den Entwicklungsabteilungen, würde in die Automotive-Sparte wechseln, ein "signifikanter Teil" jedoch abgebaut. "Aber an den 500 wird nicht gerüttelt" sagte er. Bis 2018 solle die Marge von derzeit rund 10 zurück auf 13 Prozent kommen. Das sei ein straffes Ziel, das Programm laufe jedoch gut an.
Im aktuellen Jahr stellt sich Rosenfeld auf Volatilitäten ein, "nicht nur an den Finanzmärkten, sondern auch im ganz normalen operativen Geschäft", sagte er. Die Märkte entwickelten sich sehr unterschiedlich. In den USA laufe es gut und werde auch 2016 so weitergehen. In China sieht er dagegen etwas milderes Wachstum. Brasilien und Russland blieben Problemmärkte. Für das Automotive-Geschäft seien jedoch alle Wachstumstrends intakt, das eigene Portfolio biete überdurchschnittliche Wachstumsmöglichkeiten. "Auf der Industrie-Seite wird es schwierig, das muss man schon sagen", sagte der Manager. Dort müsse man auf Sicht steuern, aber auch nicht zu negativ in die Zukunft blicken.
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January 18, 2016 08:35 ET (13:35 GMT)
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