Von Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)--Flugreisen könnten aufgrund der fallenden Ölpreise in Zukunft billiger werden. "Die Ticketpreise werden mit hoher Wahrscheinlichkeit, wenn sich diese Ölpreisentwicklung fortsetzt, weiter sinken, weil die einzelnen Fluggesellschaften mehr Luft haben in den Preiskalkulationen", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Klaus-Peter Siegloch am Donnerstag in Berlin. "Das wird den Wettbewerb weiter anfeuern."
Er werde immer wieder gefragt, warum Verbilligungen beim Kerosin nicht eins zu eins an die Kunden weitergereicht würden, sagte Siegloch auch mit Blick auf den sogenannten Kerosinzuschlag, der vor rund zehn Jahren eingeführt wurde. Ticketpreise entstünden aber nicht durch die reine Addition von Kosten. Es gebe eine Vielzahl von Faktoren, die im Wettbewerb der Airlines eine Rolle spielten, sagte der BDL-Präsident. Wenn die Fluggesellschaften aber mehr Luft durch sinkende Kostenpositionen bekämen, "dann werden sie natürlich versuchen, mit dieser Luft im Wettbewerb zu punkten".
Den Yield im Blick
Wesentliche Einflussfaktoren für den Flugpreis kommen in der Tat nicht nur vom Ölpreis, sondern vor allem auch vom Marktumfeld. Überkapazitäten drücken die Ticketpreise. Für die Airlines ist es preiswerter, Stühle für einen geringen Preis zu verkaufen, als halb leer zu fliegen. Kenngröße ist in der Branche der sogenannte Yield, der Ertrag aus dem Ticketverkauf.
Von den historisch günstigen Ölpreisen profitieren derzeit allerdings auch die deutschen Airlines. Marktführer Lufthansa rechnete Analysten Anfang Januar vor, dass die Spritrechnung in diesem Jahr auf 4,9 Milliarden Euro sinken wird - 800 Millionen Euro weniger als noch 2015.
Klage über zu hohe Belastungen
Siegloch griff mit Blick auf den Wettbewerb die Politik erneut scharf an. "Die fiskalischen und regulatorischen Rahmenbedingungen in Deutschland hängen der deutsche Luftfahrt wie Blei an den Flügeln", sagte er. Die Branche könne in Deutschland ihren Anschluss an die Wettbewerber nur halten, wenn die Politik unter anderem die Belastungen aus der Luftverkehrssteuer zurückführe. Als weitere Belastung nannte Siegloch die hohen Sicherheitsgebühren an den Flughäfen.
Laut BDL droht die deutsche Luftfahrt den Anschluss zu verlieren. Während die Airlines 2015 weltweit 6,5 Prozent mehr Passagierkilometer als im Jahr davor verkauft hätten, habe das Wachstum der deutschen Airlines nur 1,9 Prozent betragen. Die Passagierzahlen an den Flughäfen stiegen 2015 demnach weltweit um 6,2 Prozent. In Deutschland betrug der Anstieg 3,9 Prozent auf knapp 216 Millionen Passagiere. Die Luftfracht war mit 0,1 Prozent leicht rückläufig.
Abu Dhabi legt um 114,5 Prozent zu
Siegloch wies außerdem darauf hin, dass die großen sogenannten Hubflughäfen im Ausland den deutschen Drehkreuzen und ihren Fluggesellschaften schwer zu schaffen machen. Das Passagierwachstum insbesondere im Nahen Osten habe sich in den letzten fünf Jahren gänzlich von dem in Europa entkoppelt. "Das bringt langfristig auch die Zubringerflüge von und zu deutschen Drehkreuzen in Gefahr", warnte Siegloch.
Laut BDL wuchsen Drehkreuzflughäfen wie Abu Dhabi von 2010 bis 2015 um 114,5 Prozent, Doha um 96,9 Prozent, Istanbul legte um 90,8 Prozent zu. Frankfurt wuchs in diesem Zeitraum um 15,1 Prozent.
(Mitarbeit: Archibald Preuschat)
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February 04, 2016 08:23 ET (13:23 GMT)
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