Köln (ots) - Krieg, Gewalt, religiöser Fanatismus und nicht endende Flüchtlingswellen - der Nahe Osten ist zum unkalkulierbaren Pulverfass in der Welt geworden. Terroranschläge und Flüchtlingsströme gehören längst zum Alltag auch in Europa. Was sind die Gründe für dieses Chaos? Warum stehen so viele Staaten im Nahen Osten vor dem Kollaps? Warum lassen sich so viele junge Menschen vom sogenannten Islamischen Staat rekrutieren? RTL-Chefkorrespondentin Antonia Rados begibt sich auf Spurensuche vor Ort, reist monatelang durch Tunesien, Libyen, den Nord-Irak und Syrien. Sie spricht mit Militärs, Einwohnern und Geistlichen. Ihre aktuelle Reportage am Sonntag, 29.05.16, 23:10 Uhr, dokumentiert ein ebenso dezidiertes wie erschütterndes Bild über eine Region im Chaos.
Während Krieg und Terror Hundertausende Menschen nach Europa fliehen lassen, begibt sich Antonia Rados mit ihrem Team Richtung Nahen Osten. Ihre erste Station: Tunesien. Nach dem arabischen Frühling 2011 galt das Land als Hoffnungsträger in der Region. Rados dagegen trifft heute auf "mittelalterliches Chaos". Nach zwei Terroranschlägen in den Touristenzentren Tunis und Sousse bleiben diese aus. "Derzeit bekämpft der tunesische Staat den ausbreitenden Extremismus mit Polizeigewalt - ein Kampf, der sichtbar nicht erfolgreich sein kann, so lange Korruption und Misswirtschaft weiterherrschen und die Jugend daran hindern, eine Zukunft zu haben," so die Reporterin. Ein zentrales Problem sei dabei, dass "die 'neuen' Sicherheitskräfte meistens die alten sind", so Rados weiter. "2011 von der Macht vertrieben, kehren sie nun überall zurück und mit ihnen Korruption und Folter." Trotz ständiger Kontrollen der TV-Teams durch Sicherheitskräfte, die überall zugegen sind, sprechen junge Tunesier offen vor der Kamera über ihren Frust und beklagen den Mangel an Freiheit, Hoffnung und die generelle Perspektivlosigkeit.
Im Nachbarland Libyen, in der Stadt Misrata ist bereits jede noch so instabile Ordnung dem Gesetz des Stärkeren gewichen. Gerade noch innerhalb von Städten gibt es etwas Sicherheit. "Viele Menschen wagen sich nicht mehr aus ihren Städten heraus. Überlandstraßen sind Feindesland. Wer eine Waffe hat, hat die Macht", beobachtet Antonia Rados. "Ähnlich, wie in Tunesien, mischt hier ein wiederauferstandener Sicherheitsapparat Gaddafis mit. Seine Männer nutzen das Chaos für eine Rückkehr an die Macht - auch als islamische Kämpfer." Die Stadt Sirte war früher Hochburg von Gaddafi. Heute, so Augenzeugen, kontrolliert Sirte eine IS-nahe Gruppe.
Die Krisen-Reporterin folgt weiter der Straße, auf der der IS immer wieder vorstößt: "Es ist eine gespenstische Reise, denn in Libyen herrscht eine Art Krieg, aber keiner mit klaren Fronten", so Rados. "Das Absurde ist, überall sehen und filmen wir Waffen, aber es gibt weniger Sicherheit als je zuvor!"
Mitschuld an dem Zustand sei, so die Meinung vieler Einheimischer, die westliche Politik: "Die mischt immer mit bei uns", kommentiert ein Militär. "Hört auf, uns alle als Radikale zu bezeichnen!", so eine Frau in Kairoun zu Antonia Rados. Das Misstrauen gegenüber dem Westen sei überall zu spüren.
"Weiter im Osten, wo der Syrien-Konflikt tobt, geht es den meisten ums blanke Überleben", so Rados. In einem syrischen Lager in Grenznähe zur Türkei trifft das Team auf tausende syrische Flüchtlinge. "Wer sieht, wie die Leute dort leben müssen, darf sich nicht wundern, wenn die wegwollen", so die Reporterin. "Gleichzeitig trifft man hier auf unglaubliche Solidarität zwischen den Menschen. Keiner verhungert, weil man sich traditionell um jeden kümmert, alles teilt. Ohne diese Familien- und Nachbarschaftshilfe wäre die Syrien-Katastrophe um einiges größer."
Gerade junge Menschen machen Krieg und Elend zur leichten Beute des IS. Ein 18-jähriger Syrer gesteht Antonia Rados: " Ich muss für meine Familie sorgen. Wir hatten nichts mehr zu Essen und beim IS bekomme ich ein relativ gutes Gehalt."
Andere treibt die religiöse Überzeugung zum IS. "Überraschend, wie viele aus dem Nord-Irak, der sogenannte autonomen Region Kurdistan stammen, dem Land, das als neuer westlicher Verbündeter hofiert wird", so die Nahost-Expertin. "An jeder Ecke steht dort heute eine wahabistische Moschee. 500 junge Kurden sind bereits beim IS."
Auch der traditionelle Islam, der in Moscheen gepredigt wird, scheint keine Perspektive mehr zu bieten. Die Jugend wendet sich von den Moscheen ab: "Wir haben keiner Einfluss mehr auf die junge Generation", erklärt ein religiöser Gelehrter der Reporterin in der islamischen Hochburg Kairoun. "Sie suchen sich im Internet ihren Islam aus und es genügt, einen Satz zu ändern und schon wird aus dem Koran ein radikaler Text!" Aus dem Land des einstigen Hoffnungsträgers Tunesien sind bereits über 3000 Jugendliche zum IS gegangen.
Auf ihrer Reise trifft Antonia Rados auf viele vergessene Orte und Menschen, denen kein Preis zu hoch scheint, der Ausweglosigkeit zu entkommen. "Die dramatische Fluchtwelle seit 2015 und der Terror sind die sichtbarsten, aber nicht die einzigen Krankheitssymptome des zusammenbrechenden Nahen Ostens", so die Reporterin. "Der Kollaps reißt Gräben auf, die Jahrhunderte alt sind. Das entstandene Vakuum ist ein ideales Schlachtfeld für radikale religiöse Ideen, vertreten von Mächten wie Iran und Saudi-Arabien. Die einen, Iran, nennen sich Schiiten, die anderen, Saudi-Arabien, Sunniten. Sie alle wollen sich einen Teil des zerfallenden Nahen Osten sichern."
Ein kurdischer Militär an der Frontlinie zum sogenannten Islamischen Staat schätzt die Situation so ein: "Der Krieg um die Zukunft des Nahen Osten ist noch lange nicht ausgestanden."
OTS: RTL Television GmbH newsroom: http://www.presseportal.de/nr/7847 newsroom via RSS: http://www.presseportal.de/rss/pm_7847.rss2
Pressekontakt: Matthias Bolhöfer RTL Television GmbH Ein Unternehmen der Mediengruppe RTL Kommunikation Telefon: +49 (0221) 4567-4227 Fax: 0221 / 4567 4292 matthias.bolhoefer@mediengruppe-rtl.de
Während Krieg und Terror Hundertausende Menschen nach Europa fliehen lassen, begibt sich Antonia Rados mit ihrem Team Richtung Nahen Osten. Ihre erste Station: Tunesien. Nach dem arabischen Frühling 2011 galt das Land als Hoffnungsträger in der Region. Rados dagegen trifft heute auf "mittelalterliches Chaos". Nach zwei Terroranschlägen in den Touristenzentren Tunis und Sousse bleiben diese aus. "Derzeit bekämpft der tunesische Staat den ausbreitenden Extremismus mit Polizeigewalt - ein Kampf, der sichtbar nicht erfolgreich sein kann, so lange Korruption und Misswirtschaft weiterherrschen und die Jugend daran hindern, eine Zukunft zu haben," so die Reporterin. Ein zentrales Problem sei dabei, dass "die 'neuen' Sicherheitskräfte meistens die alten sind", so Rados weiter. "2011 von der Macht vertrieben, kehren sie nun überall zurück und mit ihnen Korruption und Folter." Trotz ständiger Kontrollen der TV-Teams durch Sicherheitskräfte, die überall zugegen sind, sprechen junge Tunesier offen vor der Kamera über ihren Frust und beklagen den Mangel an Freiheit, Hoffnung und die generelle Perspektivlosigkeit.
Im Nachbarland Libyen, in der Stadt Misrata ist bereits jede noch so instabile Ordnung dem Gesetz des Stärkeren gewichen. Gerade noch innerhalb von Städten gibt es etwas Sicherheit. "Viele Menschen wagen sich nicht mehr aus ihren Städten heraus. Überlandstraßen sind Feindesland. Wer eine Waffe hat, hat die Macht", beobachtet Antonia Rados. "Ähnlich, wie in Tunesien, mischt hier ein wiederauferstandener Sicherheitsapparat Gaddafis mit. Seine Männer nutzen das Chaos für eine Rückkehr an die Macht - auch als islamische Kämpfer." Die Stadt Sirte war früher Hochburg von Gaddafi. Heute, so Augenzeugen, kontrolliert Sirte eine IS-nahe Gruppe.
Die Krisen-Reporterin folgt weiter der Straße, auf der der IS immer wieder vorstößt: "Es ist eine gespenstische Reise, denn in Libyen herrscht eine Art Krieg, aber keiner mit klaren Fronten", so Rados. "Das Absurde ist, überall sehen und filmen wir Waffen, aber es gibt weniger Sicherheit als je zuvor!"
Mitschuld an dem Zustand sei, so die Meinung vieler Einheimischer, die westliche Politik: "Die mischt immer mit bei uns", kommentiert ein Militär. "Hört auf, uns alle als Radikale zu bezeichnen!", so eine Frau in Kairoun zu Antonia Rados. Das Misstrauen gegenüber dem Westen sei überall zu spüren.
"Weiter im Osten, wo der Syrien-Konflikt tobt, geht es den meisten ums blanke Überleben", so Rados. In einem syrischen Lager in Grenznähe zur Türkei trifft das Team auf tausende syrische Flüchtlinge. "Wer sieht, wie die Leute dort leben müssen, darf sich nicht wundern, wenn die wegwollen", so die Reporterin. "Gleichzeitig trifft man hier auf unglaubliche Solidarität zwischen den Menschen. Keiner verhungert, weil man sich traditionell um jeden kümmert, alles teilt. Ohne diese Familien- und Nachbarschaftshilfe wäre die Syrien-Katastrophe um einiges größer."
Gerade junge Menschen machen Krieg und Elend zur leichten Beute des IS. Ein 18-jähriger Syrer gesteht Antonia Rados: " Ich muss für meine Familie sorgen. Wir hatten nichts mehr zu Essen und beim IS bekomme ich ein relativ gutes Gehalt."
Andere treibt die religiöse Überzeugung zum IS. "Überraschend, wie viele aus dem Nord-Irak, der sogenannte autonomen Region Kurdistan stammen, dem Land, das als neuer westlicher Verbündeter hofiert wird", so die Nahost-Expertin. "An jeder Ecke steht dort heute eine wahabistische Moschee. 500 junge Kurden sind bereits beim IS."
Auch der traditionelle Islam, der in Moscheen gepredigt wird, scheint keine Perspektive mehr zu bieten. Die Jugend wendet sich von den Moscheen ab: "Wir haben keiner Einfluss mehr auf die junge Generation", erklärt ein religiöser Gelehrter der Reporterin in der islamischen Hochburg Kairoun. "Sie suchen sich im Internet ihren Islam aus und es genügt, einen Satz zu ändern und schon wird aus dem Koran ein radikaler Text!" Aus dem Land des einstigen Hoffnungsträgers Tunesien sind bereits über 3000 Jugendliche zum IS gegangen.
Auf ihrer Reise trifft Antonia Rados auf viele vergessene Orte und Menschen, denen kein Preis zu hoch scheint, der Ausweglosigkeit zu entkommen. "Die dramatische Fluchtwelle seit 2015 und der Terror sind die sichtbarsten, aber nicht die einzigen Krankheitssymptome des zusammenbrechenden Nahen Ostens", so die Reporterin. "Der Kollaps reißt Gräben auf, die Jahrhunderte alt sind. Das entstandene Vakuum ist ein ideales Schlachtfeld für radikale religiöse Ideen, vertreten von Mächten wie Iran und Saudi-Arabien. Die einen, Iran, nennen sich Schiiten, die anderen, Saudi-Arabien, Sunniten. Sie alle wollen sich einen Teil des zerfallenden Nahen Osten sichern."
Ein kurdischer Militär an der Frontlinie zum sogenannten Islamischen Staat schätzt die Situation so ein: "Der Krieg um die Zukunft des Nahen Osten ist noch lange nicht ausgestanden."
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