FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 23. März 2016. Die Erholung am Aktienmarkt lässt professionelle Anleger kalt, nur die privaten halten die Stange - Zeichen für einen schwunglosen Markt ohne Abstiegsgefahr.
Bereits 24 Stunden nach dem schrecklichen Attentat von Brüssel, dessen Opfern und deren Angehörigen unser ganzes Mitgefühl gilt, scheinen die meisten Kommentatoren davon auszugehen, dass die Aktienmärkte wie bereits im Anschluss an die Anschläge von Paris auf die fürchterlichen Nachrichten mit Trotz reagieren. Denn nach einem kurzzeitigen Rücksetzer auf den bisher tiefsten Punkt seit unserer vergangenen Stimmungserhebung (in den mittleren 9.700ern) hat sich der DAX eindrucksvoll zurückgemeldet und heute früh sogar die 10.000er Marke wieder deutlich überschritten. Allerdings scheinen die mittelfristig orientierten Anleger, die wir allwöchentlich befragen, zumindest auf der institutionellen Seite diese positive Sichtweise nicht zu teilen. Denn gegenüber der Vorwoche hat sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index um 8 Punkte Zähler auf einen Stand von 0 Punkten exakt auf die neutrale Linie zurückgezogen.
Dass sich das Bullenlager gegenüber der Vorwoche reduziert hat, mag jedoch nicht zwingend den Terroranschlägen von Brüssel zuzuschreiben zu sein. Vielmehr gehen wir davon aus, dass es für diese neuerliche Zurückhaltung der institutionellen Anleger auch andere Gründe gibt. Zwar hatte die US-Notenbank in ihren Zinsprognosen noch vor Wochenfrist angedeutet, dass man in diesem Jahr - sofern die Mitglieder des Offenmarktausschusses ihren eigenen Prognosen folgen - nur noch mit zwei Zinserhöhungen à 0,25 Prozent rechnen müsse. Dennoch liegen die Erwartungen, dass die Fed bereits bei ihrer Sitzung im Juni mit einer Zinserhöhung aufwartet, derzeit bei fast 50 Prozent (vgl. Bloomberg). Da die hiesigen Börsianer aber auch immer weniger an die Durchschlagskraft der Maßnahmen glauben, die die Europäische Zentralbank plant, verwundert es nicht, wenn bei den Profianlegern keine rechte Kaufstimmung aufkommen will.
Extreme Stimmungsdivergenz
Die Privatanleger zeigen sich indes mehr als zuversichtlich, zumal sich der Börse Frankfurt Sentiment-Index bei dieser Gruppe überraschend deutlich erhöht hat: Wir notieren eine Zunahme von 8 auf einen Stand von nunmehr +35Punkten. Damit sind fast alle Akteure, die sich vor Wochenfrist noch von ihrer positiven Sicht verabschiedet hatten, zurückgekehrt. Die jüngsten Verschiebungen in Richtung Bullenlager gehen fast ausschließlich zulasten vormals neutral gestimmter Anleger.
Per Saldo hat sich die Diskrepanz zwischen der Stimmung der institutionellen und der privaten Akteure wieder deutlich vergrößert, so dass sie sogar den höchsten Stand seit Oktober 2014 erreicht hat. Während die privaten Investoren selbst in der relativen Betrachtung der diesjährigen Erhebungen einen kräftigen Optimismus an den Tag legen, muss das neutrale Erhebungsergebnis der institutionellen Marktteilnehmer als Pessimismus interpretiert werden. Denn immerhin befindet sich deren Stimmungsbarometer auf dem niedrigsten Stand des Jahres. Mehr noch hat der Verlauf des DAX während der vergangenen Tage gezeigt, dass die bisherigen Rücksetzer allenfalls die Privatanleger zu neuerlichen bullishen Engagements verleitet haben, während die temporäre Korrektur von weniger als 3 Prozent seit unserer vergangenen Erhebung institutionelle Marktteilnehmer nicht gereizt hat. Im Gegenteil: Kursavancen leicht oberhalb der 10.000er Marke scheinen zu Gewinnmitnahmen geführt zu haben.
Damit bleibt der DAX vor den Ostertagen gut unterstützt, wenngleich zusätzliches Kaufinteresse nur bei noch stärkeren Korrekturen als denen, die während der vergangenen fünf Handelstage zu beobachten waren, entstehen dürfte. Am Ende neigen wir dazu, die Verfassung des Börsenbarometers als robust, aber ohne allzu große Aufwärtsdynamik zu beschreiben.
(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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