Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Portugal aufgefordert, im laufenden Jahr seine Haushaltsziele zu erreichen. Nachdem dies 2015 offenbar nicht gelungen sei, müsse für 2016 ein Notfallplan ausgearbeitet werden, heißt es in einem Bericht, in dem die Reformfortschritte des Landes nach Ende des von IWF und EU begleiteten Anpassungsprogramms gewürdigt werden.
Laut IWF hat Portugal 2015 ein Haushaltsdefizit von 4,4 Prozent der Wirtschaftsleistung aufgewiesen. Angestrebt waren eigentlich 2,7 Prozent, was aber nach einer Ende 2015 notwendig gewordenen Bankenrettung illusorisch geworden war. Die EU-Kommission hat den Haushaltseffekt dieser Maßnahme in ihrer Winterprognose auf 1,2 Prozentpunkte beziffert.
Der IWF lässt das offenbar nur teilweise als Entschuldigung gelten. In seinem Bericht weist er darauf hin, dass die Einsparungen bei Zinsausgaben wegen des niedrigen Zinsniveaus größer als geplant gewesen seien. Gleiches gelte für die Sozialausgaben, die wegen der rückläufigen Arbeitslosigkeit gesunken seien.
Der IWF prognostiziert für 2016 und 2017 ungerührt Defizite von nur 2,9 Prozent, was einer erheblichen fiskalpolitischen Straffung gleichkäme. Tatsächlich heißt es in dem Bericht: "Sie (die IWF-Direktoren) hoben die Notwendigkeit hervor, dass Notfallpläne für das Erreichen der Haushaltsziele 2016 ausgearbeitet werden, um fiskalischen Risiken zu begegnen und das Vertrauen der Märkte aufrecht zu erhalten."
Portugals Staatsanleihezinsen waren zu Jahresbeginn stark gestiegen, sind allerdings auch im Zuge der jüngsten Lockerungsmaßnahmen der Europäischen Zentralbank wieder etwas zurückgekommen. Aktuell beträgt die Renditedifferenz zehnjähriger portugiesischer Staatsanleihen gegenüber Bundesanleihen 2,6 Prozentpunkte.
Der IWF bemängelt in seinem Bericht, dass die portugiesische Wirtschaft im vergangenen Jahr trotz äußerst vorteilhafter Rahmenbedingungen nur um 1,5 Prozent gewachsen sei. Für 2016 und 2017 rechnet der Fonds mit Wachstumsraten von nur noch 1,4 und 1,3 Prozent, weil sich die Impulse vom Konsum verringerten.
Die EU-Kommission dagegen sagt in ihrer Winterprognose höhere Wachstumsraten von 1,6 und 1,8 Prozent sowie Defizitquoten von 3,4 und 3,5 Prozent voraus.
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April 01, 2016 06:00 ET (10:00 GMT)
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