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Schäuble will koordinierten Exit der Zentralbanken und kritisiert EZB

Von Hans Bentzien

KRONBERG (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble will sich beim bevorstehenden Treffen der Finanzminister und Notenbankgouverneure der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) in Washington für einen koordinierten Ausstieg der großen Notenbanken aus ihrer ultralockeren Geldpolitik einsetzen. Bei der Verleihung eines Preises an ihn durch die Stiftung Marktwirtschaft sagte Schäuble am Freitagabend in Kronberg bei Frankfurt, er habe US-Finanzminister Jack Lew einen entsprechenden Vorschlag gemacht.

"Ich habe gerade zu Jack Lew gesagt, ihr solltet die Federal Reserve ermutigen und wir sollten die Europäische Zentralbank und die Bank of England ermutigen, mit den Amerikanern im Geleitzug behutsam, aber doch langsam 'rauszugehen'", sagte der Bundesfinanzminister und fügte hinzu: "Man muss bei Drogenabhängigen behutsam 'rausgehen'."

Expansive Geldpolitik der Notenbanken 
 

Die Zentralbanken der großen Industrieländer haben ihre Geldpolitik in jüngster Zeit unter dem Eindruck anhaltend niedriger Inflationsraten und vor dem Hintergrund von Finanzturbulenzen und eingetrübter Wachstumserwartungen weiter gelockert. Während die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen weiter senkte und ihr Ankaufprogramm aufstockte, führte die Bank of Japan (BoJ) überraschend Negativzinsen ein und die US-Notenbank halbierte ihre konditionierte Zinsprognose für 2016. Im geldpolitischen Ausschuss der Bank of England (BoE) gibt es inzwischen keine Forderungen nach höheren Zinsen mehr.

Ökonomen warnen schon lange vor den Risiken, die der Abwertungswettbewerb der großen Zentralbanken mit sich bringt. Und sie sprechen seit einiger Zeit über die Notwendigkeit, die Zentralbanken aus der Sackgasse zu führen, in die sie die sinkenden Rohstoffpreise bei der Verfolgung ihrer Inflationsziele gebracht haben.

Cyrus de la Rubia, der Chefvolkswirt der HSH Nordbank, sagte kürzlich: "Die EZB kommt da ohne fremde Hilfe nicht mehr heraus." Sein Vorschlag: "Hinterzimmertreffen bei G20-Gipfeln". Helaba-Volkswirt Ulf Krauss forderte eine Kooperation der weltweit wichtigsten Zentralbanken, denn "da hängt ja eine an der anderen".

Aus seinem Telefonat mit US-Finanzminister Lew hat Schäuble nach eigenen Worten den Eindruck mitgenommen, dass "die Nervosität über die Fragilität der Weltfinanzmärkte stärker empfunden wird. Und die Einsicht wächst, dass das Übermaß an Liquidität inzwischen mehr Ursache als Lösung des Problems ist."

Verschuldung steigt unaufhörlich 
 

Das Maß an Verschuldung und Liquidität an den Finanzmärkten sei höher als jemals zuvor. "Wenn man einigermaßen seriös diskutiert, gibt es eigentlich nur ein Argument zur Verteidigung des Mainstreams der jetzigen Politik. Und das ist: Der Ausstieg wird noch schwieriger. Da sage ich: Das habe in meiner Zeit als Innenminister in der Drogenbekämpfung auch ein bisschen gekannt. Das ist ein schlechtes Argument." Die G20 wollen am Freitagabend über die Ergebnisse ihrer Beratungen informieren.

Offenbar verfolgt der Bundesfinanzminister aber nicht nur die Idee einer koordinierten G20-Aktion, er macht auch auf die EZB Druck. Bei der Veranstaltung in Kronberg sagte Schäuble, er wolle in der nächsten Woche mit EZB-Präsident Mario Draghi darüber reden, wie man kommunikativ stärker der in Deutschland zunehmende Kritik an der EZB-Geldpolitik begegnen könne.

Laut Schäuble muss die EZB kommunizieren, dass die derzeitige, "anormale" Geldpolitik nur vorübergehend sei und dass alle daran arbeiteten, sie so schnell wie möglich zu beenden.

Im Rahmen ihrer Forward Guidance hat die EZB jedoch zuletzt versichert, dass ihre Zinsen für längere Zeit auf dem aktuellen Niveau bleiben dürften oder sogar weiter sinken könnten. Ihr Anleihekaufprogramm läuft bis März 2017 und neue langfristige Refinanzierungsgeschäfte sichern Banken Kredite zum Nullzins (oder darunter) bis 2018.

Spekulationen über "Helikoptergeld" 
 

Derzeit gibt es Spekulationen, dass die EZB als letztes Mittel so genanntes "Helikoptergeld" einsetzen könnte, um die Inflation anzuheben. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet versicherte zuletzt jedoch, dass dieses Konzept in der EZB nicht einmal informell diskutiert werde.

Der EZB-Rat hatte am 10. März beschlossen, die Leitzinsen um 5 bis 10 Basispunkte zu senken, wobei der Satz für Bankeinlagen auf minus 0,40 Prozent reduziert wurde. Zudem wurde das Monatsvolumen der Anleihekäufe per 1. April von 60 auf 80 Milliarden Euro angehoben und die Obergrenzen für Ankäufe einzelner Emissionen und einzelner Emittenten erweitert. Darüber hinaus will die EZB ab einem späteren Zeitpunkt auch Unternehmensanleihen erwerben.

Die EZB soll laut ihrem Mandat mittelfristig für knapp 2 Prozent Inflation sorgen, hat dieses Ziel aber seit rund drei Jahren nicht mehr erreicht. Laut ihren eigenen Prognosen dürfte es zudem mindestens weitere zwei Jahre dauern, ehe dieser Zielbereich wieder erreicht wird. Im März betrug die Teuerung nach vorläufigen Angaben minus 0,1 Prozent.

Schäubles Äußerungen fallen in eine Zeit zunehmender Auseinandersetzungen in Europa über die Angemessenheit der Geldpolitik der EZB. Vor allem die deutsche Finanzindustrie kritisiert die Negativzinsen der EZB heftig. Aber auch Marktteilnehmer aus anderen Ländern machen häufiger auf die negativen Nebenwirkungen von Negativzinsen und Wertpapierankäufen aufmerksam.

Schäuble macht EZB für AfD-Erfolg mit verantwortlich 
 

Der Bundesfinanzminister macht die EZB aber offenbar auch für den Erfolg der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) bei den jüngsten Landtagswahlen mitverantwortlich. Er sagte: "Ich habe Mario Draghi (...) gesagt: Sei ganz stolz. 50 Prozent des Ergebnisses einer Partei, die neu und erfolgreich zu sein scheint in Deutschland, kannst du den Auslegungen dieser Politik zuschreiben."

Schäuble griff darüber hinaus ein zentrales Element der gegenwärtigen europäischen Finanzarchitektur an: Die Zusage der EZB, im Notfall und unter bestimmten Voraussetzungen Staatsanleihen von Ländern zu kaufen, deren Zinsen nach Einschätzung der EZB deshalb zu hoch sind, weil an den Finanzmärkten der Eindruck herrscht, dass sie gegen ihren Willen aus dem Euro ausscheiden könnten.

Eine der Voraussetzungen für so genannte Outright Monetary Transactions (OMT), die das Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erklärt hat, ist die Existenz eines Hilfsprogramms des Eurorettungsfonds ESM und ESM-Staatsanleihekäufe beim Emittenten.

Schäuble sagte dazu: "Mit der Ankündigung von OMT habe ich gesagt, wir werden niemals einem Rettungsprogramm mit Operationen am Primärmarkt zustimmen. Und damit war seine Ankündigung, von der Mario Draghi immer gesagt hat, hat doch keinen Euro gekostet und hat doch gut gewirkt, (...) irgendwie auch fraglich."

EZB gegen Einmischungen aus Deutschland 
 

In dieser Woche hatten sich mehrere EZB-Offizielle gegen Einmischungen aus Deutschland in die EZB-Geldpolitik verwahrt. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet sagte bei der Konferenz "The ECB and it's Watchers": "Wie in diesem Land auf diese Institution geschossen wird, ist manchmal schwer zu ertragen."

Unterstützung bekam Praet von seinem Direktoriumskollegen Benoit Coeure, der sagte: "Deutschland ist das Land, das sich am stärksten für die Unabhängigkeit der Zentralbank eingesetzt hat und das zu Recht. Hier sollte diese Unabhängigkeit auch respektiert werden."

Diese Einschätzung teilt der Bundesfinanzminister im Prinzip auch. In Kronberg sagte er: "Wenn man für die Unabhängigkeit einer Institution ist, dann muss man ihre Entscheidungen auch akzeptieren, wenn sie einem nicht gefallen. Sonst ist man weder demokratie-, noch europafähig."

Schäuble hatte am Freitag im Kronberger Schlosshotel den "Wolfram-Engels-Preis" der wirtschaftsliberalen "Siftung Marktwirtschaft" entgegengenommen. Er ist der siebte Preisträger und der erste, der aktives Mitglied einer Regierung ist. Andere Preisträger sind Bundesbank-Präsident Jens Weidmann und EU-Kommissar Mario Monti.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/flf

(END) Dow Jones Newswires

April 09, 2016 11:20 ET (15:20 GMT)

Copyright (c) 2016 Dow Jones & Company, Inc.

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