
Die Jusos wollen das nicht länger hinnehmen und haben vor drei Tagen auf dem Landesparteitag in Braunschweig die eigene SPD-Spitze aufgefordert, auf den Konzern einzuwirken: "VW soll die Flugzeugflotte endlich in Deutschland anmelden", so Kuntscher.
Scharfe Kritik kommt auch vom Steuerexperten und Rektor der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, Prof. Joachim Wieland: "Für mich ist es nicht nachvollziehbar, dass ein deutscher Großkonzern seine Tochterfirma ausgliedert und in den Cayman Inseln ansiedelt. Das ist eine Briefkastenfirma wie jede andere auch. Das ist Intransparenz. Ich kann keine legitimen Gründe dafür erkennen, warum man solche Konstruktionen wählt."
Die SPD-Spitze reagiert verhalten auf die Forderung der eigenen Jugendorganisation. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), seit 2013 Mitglied im Aufsichtsrat der Volkswagen AG und im Präsidium des Aufsichtsrats, relativierte im ARD-FAKTInterview: "Dass diese Flugzeugflotte auf den Caymans registriert ist, hat keine steuerlichen Gründe. Denn die Steuerlast und auch die Zahlung finden in den Vereinigten Staaten statt. Das ist vor vielen Jahren geschehen, um flexibler zu sein. Heute würde man das möglicherweise nicht mehr so machen. Aber es ist nichts, was den Steuerzahler umtreiben muss."
SPD-Chef Sigmar Gabriel äußerte sich: "An sich müsste es einem Konzern wie VW möglich sein, auch denkbar bürokratische Probleme in der Flugabwicklung zu lösen, wenn sie in Europa sitzen und nicht auf den Cayman Islands. Auf jeden Fall gibt es da einen alten Beamtengrundsatz, der finde ich, könnte bei VW auch Anwendung finden: Meide jeden bösen Schein. Das wäre vielleicht ein Rat an das Unternehmen", so Gabriel gegenüber FAKT.
Auf FAKT-Anfrage bestätigt Volkswagen, dass die Tochterfirma Lion Air Services weiterhin auf den Cayman Islands gemeldet ist und in Deutschland keine Steuern zahlt. Allerdings könnten die Leasingraten für die Flugzeuge in Deutschland steuerlich angerechnet werden. Für Experten wie Prof. Wieland handelt es sich damit bei der Konstruktion um ein klassisches Modell, um die Steuerlast in Deutschland zu senken.
Für die Jusos ist es nun höchste Zeit zu handeln. "Die SPD ist immer als erstes mit dabei, Steuerbetrug zu kritisieren", sagte Juso-Chef Kuntscher gegenüber FAKT. "Und da muss auch Stephan Weil hier vor der eigenen Haustür kehren und auch bei Volkswagen ein Auge drauf haben."
Volkswagen ist mit 270.000 Angestellten größter Arbeitgeber in Deutschland und eng mit der Politik verwoben. Dem SPD-regierten Land Niedersachsen gehört ein Fünftel des Unternehmens.
Das Magazin FAKT berichtet dazu in seiner heutigen Ausgabe um 21.45 Uhr im Ersten.
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