(neu: Stellungnahme Talanx, Aktienkurse)
BERLIN/MÜNCHEN/LONDON (dpa-AFX) - Die Versicherungsbranche
reagiert bestürzt auf den britischen Entscheid für einen
EU-Austritt. Für das Geschäft der Branche gibt es aber erst einmal
beruhigende Worte. "Die Entscheidung des britischen Volkes ist ein
schwerer Schlag für die EU", sagte der Chefökonom des weltgrößten
Rückversicherers Munich Re
Für die Aktien der großen Versicherer ging es am Freitagmorgen
mit dem allgemeinen Rutsch an den Börsen kräftig abwärts. Bis zum
Mittag erholten sich die Kurse nur teilweise wieder. Die Papiere der
Allianz lagen zuletzt mit rund neun Prozent im Minus, die Aktien der
Munich Re mit sechs Prozent, während der Dax
Allianz und Munich Re versuchten Befürchtungen zu dämpfen, dass der Austritt der Briten die Branche arg in Mitleidenschaft ziehen könnte. "Auf die Versicherungswirtschaft wird sich die Entscheidung vermutlich nicht so stark auswirken wie auf andere Branchen", sagte Munich-Re-Ökonom Menhart. Allerdings werde der Finanzplatz London Gewicht an wichtige Börsenplätze wie Singapur oder New York verlieren. "Dies betrifft auch die Versicherer."
Die Allianz hob ihre langfristige Anlagestrategie hervor. Er erwarte keine negativen Folgen des Brexit für die Anlagen des Konzerns, sagte Allianz-Chefanleger Andreas Gruber. Auch kurzfristige Marktturbulenzen träfen die Finanzanlagen nicht wesentlich, sagte ein Konzernsprecher. Die Kunden könnten auf die breit gestreuten Investitionen des Versicherers bauen. Eine Mehrheit von rund 52 Prozent hat bei dem historischen Referendum für einen Ausstieg aus der Europäischen Union gestimmt.
Am schwersten dürfte die Entscheidung nach Ansicht der Munich Re den Inselstaat selbst treffen. "Sie wird die Konjunktur vor allem in Großbritannien stark belasten", sagte Menhart. Das britische Wachstum werde bis 2018 jährlich um etwa einen Prozentpunkt niedriger ausfallen. "Auch das Wirtschaftswachstum in der EU wird leiden, wenn auch in geringerem Umfang."
Der Schweizer Rückversicherer Swiss Re findet es noch zu früh, um über Konsequenzen aus dem Brexit zu entscheiden. Größtes Risiko seien zunächst die verstärkten Schwankungen an den Finanzmärkten. Mittel- bis langfristig gehe es um Risiken etwa bei der Regulierung. Die Swiss Re habe rund 38 Milliarden US-Dollar in britischen Pfund angelegt, davon 10 Milliarden in Staatsanleihen. In britische Aktien habe sie hingegen kaum investiert.
Die Allianz hofft nach der Brexit-Entscheidung auf eine weitere Zusammenarbeit der Briten mit dem europäischen Staatenbund. "Auch wenn sich das Projekt Europa künftig ohne das Vereinigte Königreich weiterentwickelt, bleibt Großbritannien ein Hauptverbündeter der EU mit engen politischen und wirtschaftlichen Beziehungen", zeigte sich Chefvolkswirt Michael Heise überzeugt. Mittel- bis langfristig erwartet der Konzern bilaterale Vereinbarungen zwischen Großbritannien und der EU, die beständige und erfolgreiche Beziehungen mit sich bringen.
Einen Abschied aus dem Versicherungsgeschäft in Großbritannien
können sich weder die Allianz, noch die Munich Re, Talanx oder der
Schweizer Versicherer Zurich
Der Versicherer Talanx
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) rief die EU zu Reformen auf. "Mit Blick auf den inneren Zusammenhalt, aber auch auf die schnell wachsenden Regionen außerhalb Europas muss die Wettbewerbsfähigkeit nun endlich gestärkt werden", sagte GDV-Präsident Alexander Erdland. Man dürfe jetzt nicht in eine "Schockstarre" verfallen. Die Entscheidung der Briten sei schmerzlich für alle Europäer. Der Staatenbund müsse seinen "vielfach überbordenden Regulierungseifer" beenden. Die Menschen müssten die Vorteile stärker spüren, die ein vereintes Europa in der Welt habe, sagte Erdland./stw/nmu/stk
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AXC0255 2016-06-24/12:48