FRANKFURT (dpa-AFX) - Das Brexit-Votum stellt aus Sicht der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Risiko für das Wirtschaftswachstum im Euroraum dar. Infolge des Brexit gebe es Gegenwind für die wirtschaftliche Erholung im Währungsraum, sagte EZB-Chef Mario Draghi am Donnerstag nach der Zinssitzung der Notenbank in Frankfurt. Die Risiken für das Wachstums seien nach wie vor hoch.
Zugleich sagte Draghi, dass es zu früh sei, die konkreten Auswirkungen des Brexit-Referendums zu bewerten. Neue Prognosen des Mitarbeiterstabs und weitere Konjunkturdaten würden dazu benötigt. Mittelfristig hänge viel von den Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU über ihre künftigen Beziehungen ab. Die Notenbank werde jedoch die wirtschaftliche Entwicklung und die Finanzmärkte "sehr genau" beobachten und sicherstellen, dass ihre lockere Geldpolitik die Wirtschaft erreiche.
EZB GIBT SICH EINSATZBEREIT
Sollte es notwendig werden, werde die Notenbank unter Einsatz aller verfügbaren Instrumente handeln, bekräftigte der Notenbankchef. "Die EZB ist bereit, willens und in der Lage, falls nötig zu handeln", wiederholte Draghi eine bereits früher von ihm verwendete Formulierung. Konkrete Instrumente habe der Zentralbankrat aber nicht diskutiert.
Draghi sagte, es sei "ermutigend", wie gut die Finanzmärkte den Brexit-Schock verdaut hätten. Dies sei auch auf das Liquiditätsangebot großer Notenbanken, die lockere Geldpolitik der EZB und den robusten Aufsichts- und Regulierungsrahmen zurückzuführen.
KEINE DEBATTE ÜBER ANLEIHEKNAPPHEIT
Gefragt nach der Problematik absehbarer Knappheiten bei den Wertpapierkäufen der Zentralbank, gab sich Draghi gelassen. Mögliche Anpassungen seien im Zentralbankrat nicht diskutiert worden, antwortete der Notenbankchef.
Kern des sich abzeichnenden Knappheitsproblems ist, dass die hohe Risikoscheu der internationalen Anleger die Renditen insbesondere von Bundesanleihen so stark verringert hat, dass die EZB aufgrund einer selbstauferlegten Regel einen erheblichen Teil der Staatspapiere nicht mehr kaufen darf. Analysten erwarten, dass die Notenbank die Ankaufbedingungen bald anpasst, etwa indem sie auch Staatsanleihen mit Renditen unterhalb ihres Einlagensatzes erwirbt./bgf/jsl/he
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