Von Ryan Tracy and Donna Borak
WASHINGTON (Dow Jones)--Die größten US-Banken haben auch den zweiten Teil des Bankenstresstests der US-Notenbank bestanden. Als Ergebnis der Prüfung dürfen sie nun Dividenden an ihre Aktionäre zahlen. Für die US-Töchter der Deutschen Bank und der spanischen Santander gilt das aber nicht. Sie haben abermals die Anforderungen nicht erfüllt, weil ihr Risikomanagement und andere Bereiche die Notenbank nicht überzeugten.
Bei Deutscher Bank und Santander stellte die Fed zwar Fortschritte fest, die aber nicht genügten. Beide Banken sind indessen nicht das erste Mal durchgefallen. Für die Deutsche Bank war es nun schon das zweite Mal, für Santander das dritte Mal in Folge. Dagegen haben Geldhäuser wie die Bank of America und die Citigroup, die in den vergangenen Jahren Probleme hatten, den Test in diesem Jahr bestanden. Die Federal Reserve kam zu einem insgesamt positiven Urteil über den US-Bankensektor. Dieser sei deutlich solider als während der Finanzkrise, als viele Institute vom Staat gerettet werden mussten.
Für die Anleger ist das eine gute Nachricht, denn sie könnten nun von höheren Dividenden und Aktienrückkäufen profitieren. Bankenaktionäre hatten zuletzt wenig Freude an ihren Investments, denn Aktien des Finanzsektors litten unter der schwächeren Ertragslage der Branche und wurden heftig abverkauft, nachdem sich die Briten in der vergangenen Woche mehrheitlich für den Austritt ihres Landes aus der EU entschieden hatten.
Der Brexit spielte zwar in der Prüfung keine direkte Rolle, doch wurde das Szenario einer tiefgreifenden Rezession in den USA, der Europäischen Union und Großbritannien durchgespielt. Mit dem sogenannten Stresstest soll festgestellt werden, ob die Banken auch während eines derartigen Abschwungs noch in der Lage wären, Kredite zu vergeben. Auch soll das Risiko eines Zusammenbruchs gebannt werden. Das den Tests zugrundeliegende Szenario wird dabei jährlich geändert. Den ersten Teil des Tests haben alle 33 geprüften Institute glatt bestanden. Ihre Kapitalquoten lagen selbst unter Annahme einer Rezession deutlich über den Anforderungen.
Im zweiten Teil der Überprüfungen, die als Reaktion auf die Finanzkrise eingeführt worden waren, überzeugten 31 von 33 teilnehmenden Banken die Federal Reserve, dass ihr Risikomanagement angemessen sei. Sie können nun ihre Dividenden oder das Volumen von Aktienrückkäufen erhöhen.
Der US-Bank Morgan Stanley wurde das Prädikat "bestanden" aber nur unter Vorbehalt verliehen. Sie muss nachbessern, weil die Fed "Schwächen" im "internen Prozess" bemängelte. Die Bank muss nun bis zum 29. Dezember ein überarbeitetes Konzept zur Beseitung dieser Schwachpunkte vorlegen. Wenn dieses nicht den Anforderungen der US-Notenbank genügt, kann die Fed etwaige geplante Dividendenzahlungen oder Aktienrückkäufe einfrieren.
Auch die M&T Bank Corp hat den Test bestanden, doch musste das in Buffalo im Bundesstaat New York ansässige Geldhaus seine Dividendenpläne zusammenstreichen, damit sein Kapitalpuffer über dem von der Fed geforderten Minimum blieb. M&T war die einzige Bank, die von dem Recht Gebrauch machte, ihre Dividendenpläne anzupassen. Hätte sie dies nicht getan, wäre sie durchgefallen, weil zwei ihrer Kapitalquoten einer hypothetischen Rezession nicht standgehalten hätten.
Diejenigen Banken, die bestanden haben, dürften nun bis zu zwei Drittel ihres erwarteten Nettogewinns in den kommenden vier Quartalen als Dividende auszahlen, sagte ein hochrangiger Fed-Vertreter. Die Banken werden indessen wohl eher weiter Kapital zurückhalten, um die Anleger zu beruhigen, die befürchten, dass die Institute den Turbulenzen an den Märkten nicht gewachsen sein könnten, die sich als Folge des Brexit ergeben haben.
Fed-Gouverneur Daniel Tarullo, der den Stresstest überwachte, zeigte sich zufrieden: In den sechs Jahren seit der Einführung der Tests hätten die teilnehmenden Banken ihre Kapitalausstattung und ihr Risikomanagement verbessert. Weitere Fortschritte auf beiden Gebieten würden die Widerstandskraft der größten Banken des Landes erhöhen, sagte er.
Die Einführung der Stresstests leistete einen wesentlichen Beitrag dazu, dass die Panik nach der Finanzkrise eingedämmt werden konnte. Sie überzeugten die Anleger von der Stabilität der großen Banken. Im Jahr 2010 wurden die Stresstests vom US-Kongress verbindlich vorgeschrieben, und im Jahr 2011 machte die US-Notenbank Dividendenzahlungen der Banken vom Bestehen der Prüfung abhängig.
Der Erfolg der Tests lässt sich an der Entwicklung der Kapitalquoten ablesen: Im ersten Quartal dieses Jahres betrug die Kernkapitalquote der US-Banken im Schnitt 12,2 Prozent, während es im ersten Quartal 2009 nur 5,5 Prozent waren.
Für die Deutsche Bank und Santander bedeutet ihr Scheitern, dass sie zumindest einen Teil ihrer US-Gewinne vorerst nicht in ihre jeweiligen Heimatländer transferieren können. Nach Angaben der Fed haben die beiden Banken aber bislang auch keine derartigen Pläne öffentlich gemacht.
Die Tochter der Deutschen Bank, die Deutsche Bank Trust Corp, repräsentiert etwa 3 Prozent der weltweiten Aktiva der Bank. Auf die Deutsche Bank kommt erst in zwei Jahren ein größerer Test zu, wenn ihre neukonsolidierte, größere US-Sparte in Form einer Holdinggesellschaft sich einem vollständigen Stresstest unterziehen muss.
Santander hat in den vergangenen Jahren die regulatorischen Probleme in den USA dem Aufbau einer Holdinggesellschaft zugeschrieben, die für ihr dortiges Banken- und Verbraucherkreditgeschäft zuständig sein soll. Die US-Regulierungsbehörde wirft Santander indessen Probleme mit dem Risikomanagement vor. Analysten und Anleger verlieren deswegen zunehmend die Geduld mit der spanischen Bank.
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June 29, 2016 17:49 ET (21:49 GMT)
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