Von Christian Grimm
BERLIN (Dow Jones)--Der deutsche Mittelstand ist unzufrieden mit der Steuerpolitik der Großen Koalition und verlangt einen ganzen Strauß an Änderungen. Wie aus einem aktuellen Papier des Bundesverbandes Mittelständische Wirtschaft (BVMW) hervorgeht, das Dow Jones Newswires vorliegt, fordern die Unternehmen unter anderem die Streichung der Erbschaftsteuer, die Vereinheitlichung des Mehrwertsteuersatzes auf 16 Prozent und die Besserstellung von Wagniskapitalgebern.
Nachdem die Länderfinanzminister am Donnerstag die in der Koalition unter schweren Schmerzen verabschiedete Novelle der Erbschaftsteuerreform in den Vermittlungsausschuss verwiesen haben, sieht BVMW-Präsident Mario Ohoven noch eine Chance zur Intervention: "Die Abschaffung der Erbschaftssteuer ist die einzige saubere Lösung, um den deutschen Mittelstand zu entlasten, keine Arbeitsplätze zu gefährden und die mittelständische Struktur der deutschen Wirtschaft zu erhalten", sagte Ohoven gegenüber dieser Nachrichtenagentur. Vor allem die Unternehmen mit 6 bis 20 Beschäftigten seien durch die geplante Reform deutlich benachteiligt. Erben großer Unternehmen, so Ohoven, dürften sich künftig "dreimal überlegen", ob sie einen Betrieb weiterführen oder verkaufen.
Handlungsbedarf sieht der Mittelstand auch bei der Mehrwertsteuer. Die inkonsistente Besteuerung mit 7 oder 19 Prozent und ein Ausnahmekatalog von 140 Seiten sind den Unternehmern ein Dorn im Auge. Sie plädieren dafür, alle Ausnahmen zu streichen und einen allgemeinen Mehrwertsteuersatz von 16 Prozent einzuführen.
Damit Gründer und Startups hierzulande leichter an mehr Kapital kommen können, will der BVMW Business Angels bei den Steuern begünstigen. "Dafür gilt es, ein sinnvolles Venture-Capital-Gesetz zu verabschieden", sagte Ohoven. Die Gewinne aus dem Verkauf von Anteilen an innovativen Gründungen sollen für die Risikokapitalgeber steuerfrei bleiben, wenn sie in vergleichbare Unternehmen reinvestiert werden. Außerdem drängt der Mittelstandsverband darauf, dass Verlustvorträge aus Startup-Beteiligungen voll genutzt werden können. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zu Beginn der Legislaturperiode versprochen, dafür eine steuerrechtliche Lösung zu finden.
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June 30, 2016 10:37 ET (14:37 GMT)
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