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Solarworld: Was ich im Schreiben des Richters gefunden habe!

Liebe Leserin, lieber Leser,

beim Prozess Hemlock versus Deutsche Solar GmbH (Solarworld-Tochter) möchte ich einen interessanten Aspekt herausgreifen.

Chart Solarworld Aktie

Chart Solarworld

Zunächst eine Korrektur: Ich hatte geschrieben, dass das "Urteil" im Prozess da sei und ich es durchgearbeitet habe. Ich danke einem Leser, der mich darauf hinwies, dass es sich hier um ein "Opinion and Order Granting" des Richters handelt, was zu Deutsch nicht mit "Urteil" übersetzt wird - stattdessen wurde hier einem Antrag (und zwar dem von Hemlock) stattgegeben. Ich bitte Sie deswegen für die falsche Verwendung des Begriffs "Urteil" um Entschuldigung. Das Urteil selbst soll folgen, wenn Hemlock seinen Schaden beziffert hat. Dazu wurde die Firma vom zuständigen Richter aufgefordert, und zwar soll dies bis zum 22. Juli 2016 geschehen.

Quelle: OPINION AND ORDER GRANTING MOTION FOR SUMMARY JUDGMENT, DENYING MOTION FOR LEAVE TO FILE, DIRECTING SUBMISSION OF PROPOSED JUDGMENT, AND DIRECTING BRIEFING, Seite 40.

Wie das Urteil ausfallen wird? Nach dem ich das Schreiben des Richters gelesen habe, bin ich der Einschätzung, dass es sehr wahrscheinlich Pro Hemlock ausfallen wird. Ich zitiere aus dem Schreiben auf Seite 38, wo der Richter schrieb: "Hemlock will be awarded the damages it requests" - also sinngemäß: Hemlock wird der Schadensersatz zugesprochen werden, den sie fordern.

Quelle: OPINION AND ORDER GRANTING MOTION FOR SUMMARY JUDGMENT, DENYING MOTION FOR LEAVE TO FILE, DIRECTING SUBMISSION OF PROPOSED JUDGMENT, AND DIRECTING BRIEFING, Seite 38.

Wie gesagt: Das ist noch kein Urteil. Aber der Richter, der diesen gerade zitierten Satz schrieb, wird auch das Urteil fällen. Das dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit die Richtung des Urteils vorgeben, finde ich.

Nun zu dem meiner Ansicht nach interessanten Aspekt in diesem Schreiben. Demnach standen Solarworld bzw. die Tochter Deutsche Solar GmbH und Hemlock in der Tat in Verhandlungen um eine Korrektur der langfristigen Silizium-Lieferverträge. Demnach äußerte Hemlock sinngemäß, dass man zu einer Anpassung der in den Lieferverträgen vorgesehenen Preise nach unten bereit sei, wenn dafür Solarworld an anderer Stelle helfen würde. Was bedeutete das konkret?

Das Schreiben listet diverse Emails und Gesprächsinhalte auf. Demnach sollte sich die Deutsche Solar GmbH bzw. die Mutter Solarworld AG bei staatlichen Stellen dafür einsetzen, dass die Handelszollpolitik der USA gegenüber China in Bezug auf Photovoltaik-Produkte gelöst würde. Der Hintergrund: Solarworld trat und tritt für Zölle auf chinesische Photovoltaikmodule ein - doch Hemlock hatte und hat daran kein Interesse, da man selbst eher nach China verkaufen möchte und dann unter Zöllen dort leidet.

Das war durchaus pikant: Öffentlich trat Solarworld für US-Zölle gegenüber China ein! Hemlock meinte der Akte zufolge, dass Solarworld bzw. deren Tochter in einem Brief an das US-Handelsministerium gewissermaßen eine 180-Grad-Wendung machen solle. Dann werde man in Bezug auf die Lieferverträge mit der Solarworld-Tochter entgegen kommen. Dazu fand ich in der Akte auf Seite 14 dieses Zitat aus einer Email von Mr. Rinaldi an Herrn Asbeck, ich zitiere:

"You have my word that if you sign [the letter] we can have productive discussion tomorrow and I will be prepared [to] offer you a [sic] multistep relief you need, including some immediate relief."

Quelle: OPINION AND ORDER GRANTING MOTION FOR SUMMARY JUDGMENT, DENYING MOTION FOR LEAVE TO FILE, DIRECTING SUBMISSION OF PROPOSED JUDGMENT, AND DIRECTING BRIEFING, Seite 14.

Wer ist dieser Mr. Rinaldi? Meinen Informationen zufolge handelt es sich dabei um den "Vice President of Finance, Strategic Acquisitions, Alliance and Investment" von Dow Corning.

Quelle: Dow Corning, Joe Rinaldi

Und Dow Corning wiederum ist der Hauptaktionär von Hemlock Semiconductor.

Und hier wird es höchst spannend: Der u.a. für Allianzen und Finanzen zuständige Vice President der Mutter von Hemlock Semiconductor hat demnach an den Solarworld-Vorstandsvorsitzenden Frank Asbeck ein konkretes Angebot gemacht. Gespräche auf höchster Ebene der Beteiligten sozusagen! Asbeck möge einen Brief abschicken, dann habe er sein = Rinaldis Wort, dass man bei den Verträgen über "multistep relief" - also Erleichterung in mehreren Punkten - reden würde, inklusive bestimmter "unmittelbarer Erleichterungen".

Das alles fand im November 2012 statt. Ich zitiere weiter aus besagter Email von Mr. Rinaldi an Herrn Asbeck:

"Attached [to the email] is the final vetted version that [Hemlock] would be willing to sign as one last good faith attempt to settle the complex matter amicably. Frank, I know it is short of what you said you are willing to accept, but, I figured I would try before the situation must turn in another direction. . . . I look forward to our continued efforts to resolve this to our mutual satisfaction."

Quelle: OPINION AND ORDER GRANTING MOTION FOR SUMMARY JUDGMENT, DENYING MOTION FOR LEAVE TO FILE, DIRECTING SUBMISSION OF PROPOSED JUDGMENT, AND DIRECTING BRIEFING, Seite 14.

Demnach fügte Mr. Rinaldi eine vorgefertigte Version des besagten Briefes, den Solarworld bzw. die Deutsche Solar GmbH abschicken sollte, bei. Das ist natürlich interessant und es spricht für die Qualität des Richters, der Schreiben wie diese angefügt hat. Konkret: Der Text des Briefes, den Solarworld bzw. die Deutsche Solar GmbH an Francisco J. Sanchez, den "Under Secretary of Commerce for International Trade", U.S. Department of Commerce, schicken sollte, lautete wie folgt. Ich zitiere aus der Akte:

"Dear Mr. Undersecretary:

On behalf of SolarWorld Industries America Inc., this letter is to confirm SolarWorld's interest in pursuing good faith negotiations with respect to a potential settlement of the antidumping and countervailing duty investigations involving solar cells and modules from the People's Republic of China (A-570-979 and C-570-980). We hereby request the U.S. Department of Commerce's assistance in initiating settlement negotiations. Please let us know what information and support we can provide to facilitate this request."

Quelle: OPINION AND ORDER GRANTING MOTION FOR SUMMARY JUDGMENT, DENYING MOTION FOR LEAVE TO FILE, DIRECTING SUBMISSION OF PROPOSED JUDGMENT, AND DIRECTING BRIEFING, Seite 16.

Und wie reagierte Solarworld? Wie gesagt, das Unternehmen war einer der Wortführer, als es darum ging, dass die USA Zölle gegenüber China einführte! Hier wird das Schreiben des Richters spannend wie ein Krimi. Dem Schreiben zufolge versicherte Gordon Brinser - President von "SolarWorld Industries America" - später, dass der Brief in der Tat abgeschickt worden sei, "with only a couple small word changes" - mit nur einigen kleinen Wortänderungen. Und weiter schrieb Gordon Brinser, "not distribute the letter and keep it confidential. Having it get out could create harm." Dies solle also vertraulich behandelt und nicht weiter verbreitet werden. (Und nun steht es bei www.vaupels-boersenwelt.de)

Quelle: OPINION AND ORDER GRANTING MOTION FOR SUMMARY JUDGMENT, DENYING MOTION FOR LEAVE TO FILE, DIRECTING SUBMISSION OF PROPOSED JUDGMENT, AND DIRECTING BRIEFING, Seite 18.

Also der Brief ging offensichtlich raus, nur wenige Worte sind geändert worden laut Solarworld, Hemlock konnte sich freuen und kam Solarworld bei den Lieferverträgen entgegen. Richtig? Wie wir wissen, kam es nicht so!

Das Briefchen (Assoziation an "das Glücksbriefsche" im Firm "Kein Pardon", siehe dieser Link ab 2:05 Minuten) gefiel Mr. Rinaldi keineswegs. Denn die kleinen Änderungen waren seiner Ansicht nach keineswegs so klein. Mr. Rinaldi schrieb daraufhin an den President von SolarWorld Industries America, dass die "slight wording changes are actually quite significant and disappointing" - die angeblich kleinen Wortänderungen seien also seiner Ansicht nach ziemlich signifikant und enttäuschend!

Mr. Rinaldi war also keineswegs zufrieden mit dem Wortlaut des verschickten Briefs. Wie genau die Änderungen waren, das konnte ich leider nicht herausfinden. Die Folge war jedenfalls:

"After the disagreement between the parties over the letter to the Undersecretary for Commerce, discussions on future settlement or amendment broke down." (Quelle: Siehe oben, Seite 18)

Zu Deutsch sinngemäß: Danach brachen die Gespräche über eine Anpassung der Lieferverträge zusammen. Offensichtlich war Mr. Rinaldi von den vorgenommenen Änderungen beim Brief so enttäuscht, dass er stattdessen eine härtere Gangart einschlug und es zum Prozess gegen die Deutsche Solar GmbH kam.

  • Waren es also ein paar Worte in einem Brief an das U.S. Department of Commerce, die hier entscheidend waren? So sieht es aus!

  • Hätte der Prozess mit Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe vermieden werden können, wenn ein paar Worte in diesem "Briefsche" anders formuliert gewesen wären?
  • Möglich - aber nicht sicher. Mr. Rinaldi hatte sein Wort gegeben, dass dann über Anpassungen zugunsten von Solarworld bei den Lieferverträgen gesprochen würde. Das war eine sehr gute Basis für Gespräche, doch wo die dann letztlich hingeführt hätten, ist aus nachträglicher Sicht gsehen offen.

Möglich ist es also, dass ein paar Worte in besagtem Briefsche über Wohl und Wehe von Hunderten Beschäftigten und Aktionären und Gläubigern entscheidend waren.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Lieben ein angenehmes Wochenende!

Ihr

Michael Vaupel

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