Von Stefan Lange
BERLIN (Dow Jones)--Nach der Axt-Attacke in einem Regionalzug bei Würzburg besteht offenbar die Gefahr von weiteren Terroranschlägen im Bahnverkehr. Dies ergebe sich aus einem aktuellen Lagebild des Bundeskriminalamtes, berichtete das Nachrichtenmagazin Focus am Freitag. Demnach heißt es in dem Lagebild, das Verkehrsmittel Bahn unterliege einer "hohen Bedrohungsqualität, die sich jederzeit in einem (erfolgreichen) Anschlag manifestieren kann". Der Gefährdung des Bahnverkehrs und seiner Einrichtungen müsse "weiterhin eine herausgehobene Stellung zugerechnet werden".
Dem Focus zufolge befürchtet das BKA außerdem, dass der Anschlag von Würzburg "die rechte Szene bestärken" werde. Asylbewerber könnten nach dem Würzburger Vorfall "verstärkt in den Zielfokus von Gewaltstraftaten rücken". Dabei könnten Rechtsextremisten ihre Angriffe "sowohl außerhalb als auch innerhalb" von Flüchtlingsunterkünften verwirklichen, heißt es dem Magazin zufolge in der BKA-Analyse.
Ein junger, offenbar der Terrororganisation IS verbundener Flüchtling hatte am Montagabend in einem Regionalzug bei Würzburg mit Messern und einer Axt fünf Menschen verletzt. Zwei von ihnen schweben Behördenangaben zufolge weiter in Lebensgefahr.
Bahn rüstet auf
Die Deutsche Bahn erklärte auf Anfrage, sie habe vor dem Hintergrund der terroristischen Bedrohung die Zusammenarbeit und Abstimmung mit den Polizei- und Sicherheitsbehörden "schon seit langem intensiviert". Mitarbeiter seien "sensibilisiert und geschult" worden, die Videotechnik an Bahnhöfen und in Zügen sei kontinuierlich ausgebaut worden.
Vor wenigen Wochen sei eine "Taskforce Sicherheitstechnik" ins Leben gerufen worden, die mit Hochdruck an Systemen arbeite, um Kunden und Mitarbeiter noch besser zu schützen. "Die Erkenntnisse aus der Tat in Würzburg werden in die ständige Überprüfung des Sicherheitskonzeptes einfließen", erklärte der Konzern.
Ein Bahn-Sprecher wies aber auch darauf hin, dass bei täglich 40.000 Zugfahrten und mehr als 7 Millionen Reisenden allein in Deutschland "trotz aller Anstrengungen niemand verantwortungsvoll eine hundertprozentige Sicherheit im System Bahn garantieren" könne.
Konzernangaben zufolge sind deutschlandweit 5.000 Bundespolizisten und 3.700 Sicherheitskräfte der DB in Zügen und Bahnhöfen für die Sicherheit im Einsatz. Die Deutsche Bahn investiere rund 160 Millionen Euro pro Jahr in die Sicherheit von Kunden und Mitarbeitern. "Darüber hinaus investieren DB und Bundespolizei bis 2023 mehr als 85 Millionen Euro in den Ausbau der Videotechnik auf Bahnhöfen", teilte der Konzern mit. Bereits heute seien in Deutschland etwa 700 Bahnhöfe mit rund 5.000 Kameras ausgerüstet.
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July 22, 2016 03:50 ET (07:50 GMT)
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