Von Donna Borak und Madeleine Nissen
WASHINGTON/FRANKFURT (Dow Jones)--Die globalen Banken bekommen von den Aufsehern wohl etwas mehr Zeit, neue Kapitalregeln zu erfüllen. Unter dem Druck der europäischen Politik wollen die internationalen Aufseher ihre Frist, die umstrittenen neuen Kapitalregeln für Banken abzuschließen, von Ende dieses Jahres auf Anfang nächsten Jahres verschieben. Das geht aus einer Ende August veröffentlichten Erklärung von Mark Carney hervor. Der Gouverneur der britischen Notenbank ist auch Vorsitzender des "Financial Stability Board". Das Gremium war in der Finanzkrise ins Leben gerufen worden, um die Finanzwelt sicherer zu machen.
Carney bezieht sich in seiner Erklärung auf neue Richtlinien des Baseler Ausschuss, der versucht, noch bestehende Schwachstellen bei der Bankregulierung auszumerzen. Dabei geht es um die Berechnung der eigenen Risiken in den Büchern der Banken. Den Banken sollen strengere regulatorische Schranken auferlegt werden.
Unterschiedliche Gangart in den USA und Europa
Die Vorschriften dienen nach Aussage des Baseler Ausschusses nicht dazu, mehr Kapital vorzuhalten. Vielmehr streben die Regulatoren in Basel eine größere Vergleichbarkeit unter den Banken an, wie sie betonen.
Doch Politiker in Europa wollen das nicht so recht glauben. Sie haben die Sorge, die Banken müssten am Ende doch noch mehr Geld zur Seite legen. Geld, das sie nicht haben. Große Häuser wie die Deutsche Bank ächzen seit Jahren unter den bereits strengen Vorschriften. Denn das Kapital, das sie zur Sicherheit auf die Seite legen müssen, können sie nicht für Geschäfte nutzen. Damit haben sie eine Ertragsquelle weniger. In Zeiten der Niedrigzinsen, wo es ohnehin schwierig ist, Geld zu verdienen, trifft sie das besonders hart.
Sowohl Banken als auch Politiker weisen zudem auf eine eingeschränkte Kreditvergabe der Banken hin. Das könnte die ohnehin lahmende Wirtschaft in Europa weiter bremsen, warnen sie. Im Gegensatz zu den Europäern fordern die US-Aufseher allerdings, dass die global wichtigen Banken noch mehr Kapital zur Seite legen sollen.
G20-Länder machen dagegen Druck
In seinem auf den 30. August datierten Brief bekräftigt Carney, dass die anstehenden Änderungen der "Basel III" genannten Vorschriften die Kapitalanforderungen insgesamt "nicht wesentlich" erhöhen würden. Carney wendete sich darin an die Führer der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer G20) vor ihrem zweitägigen Gipfeltreffen in China Anfang September.
Die G20 drängten am Dienstag dagegen auf einen Abschluss der Baseler Regeln noch in diesem Jahr. "Wir bekräftigen unsere Unterstützung für die Arbeit des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht beim Abschluss des Basel-III-Rahmens bis Ende 2016, wobei die Kapitalanforderungen insgesamt in allen Bereichen des Bankensektors nicht signifikant weiter erhöht werden und gleiche Ausgangsbedingungen gefördert werden", heißt es im Abschlussdokument wörtlich.
Analysten gehen davon aus, dass die Aufseher unterschiedliche zeitliche Vorgaben setzen, um einen Kompromiss möglich zu machen. Demnach könnte zum Beispiel bis zum Jahresende eine vorläufige, grundsätzliche Einigung erzielt werden. Abschließend und in allen Einzelheiten werde das Abkommen aber vielleicht erst stehen, wenn es neue Erkenntnisse gebe, dass die Angst vor signifikant höheren Kapitalanforderungen durch die neuen Regelungen übertrieben sei.
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September 08, 2016 05:10 ET (09:10 GMT)
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