Von Madeleine Nissen
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Commerzbank verzichtet bei dem Versuch, das Kapital zu verbessern, auf radikale Maßnahmen. Weder ein Verkauf der starken Tochter in Polen, die M-Bank, noch eine Kapitalerhöhung oder ein Verzicht auf die Dividende seien für ihn ein Thema, sagte Finanzvorstand Stephan Engels im Gespräch mit Analysten und Journalisten. Vielmehr will die Bank weiterhin Risiken abbauen und hierfür weniger Geld zur Seite legen müssen. Sie braucht das Geld, um ihr Kapitalpolster dicker zu machen.
Das Kapital wird auch durch einbehaltene Gewinne gestärkt. Zwar rechnet die Commerzbank im Gesamtjahr nicht mehr mit einem Milliardengewinn, aber unterm Strich bleibt für eine Thesaurierung noch einiges übrig. Die geforderte Eigenkapitalquote (SREP) von 11,75 Prozent werde die Commerzbank wohl etwas übertreffen, prognostizierte Engels. Aktuell ist ihre Kapitalquote von 12,0 Prozent auf 11,50 Prozent gesunken.
Den Ertragsdruck will die Bank durch eine neue Preisliste etwas lindern. Negative Zinsen für die Einlagen im Privatkundengeschäft sind aber aktuell kein Thema, auch wenn andere Häuser laut darüber nachdenken.
Unterm Strich wird es für die Commerzbank immer schwieriger, Gewinne zu machen. Eine Zahl, die Analysten besonders umtreibt, sind die rund 100 Millionen Euro, die die Commerzbank ab 2017 vom Zinsergebnis abschneiden muss. Der Grund ist die ungünstige Mischung aus Negativzinsen und hohen Kundeneinlagen. "Angesichts von Prolongationen im Kreditbuch in Engagements mit niedrigeren Kundensätzen wird der Druck des aktuellen Zinsumfelds auf das Zinsergebnis anhalten", prognostizierte die Bank.
Hohe Bestände an Staatsanleihen in Italien und Spanien
Auch wird das Beben um die Commerzbank herum immer stärker. Vor allem die Banken in Italien schieben Berge fauler Kredite vor sich her und sorgen für Unsicherheit am Kapitalmarkt. Das birgt auch die Gefahr von Abschreibungen für andere Banken. Die Commerzbank etwa hat Bestände an italienischen Staatsanleihen von 10,8 Milliarden Euro und Bestände an spanischen Staatsanleihen in Höhe von 4,9 Milliarden Euro. Hinzu kommen weitere Bestände, die im Zwischenbericht lediglich mit "Exposures" beschrieben sind, in Ländern wie China (4,6 Milliarden Euro), Russland (3,5 Milliarden Euro) und der Ukraine (0,1 Milliarden Euro).
Angesichts der hohen Risiken, den unsicheren Gewinnaussichten und des Kursverfalls der Aktie bemüht sich Finanzvorstand Engels um Zuversicht. "Ich mache mir keine Sorgen um die Stabilität der Commerzbank", sagte er. Es sei auch "unangemessen", eine Krise im Finanzsektor herbeizureden. Es gebe hierfür keinen Grund, das habe auch der Stresstest der Europäischen Bankenaufsicht und Europäischen Zentralbank gezeigt. Doch das Problem ist: Der Stresstest hat bei den Investoren ein Glaubwürdigkeitsproblem, das sich in den heftigen Kursverlusten der Bankaktien spiegelt. Die Talfahrt im Sektor ist jedenfalls ungebremst.
Die Commerzbank gehörte in dem Test zu den Schlusslichtern, was die Aktie weiter unter Druck gesetzt hat. Seit Jahresbeginn ist der Kurs um 45 Prozent eingebrochen. "Ja, der Aktienkurs ist unerfreulich", sagte Engels. Der Ertragsdruck werde noch "eine ganze Weile" anhalten, prognostizierte er. Gleichwohl sieht Engels in dem Testergebnis einen Beleg für die Widerstandsfähigkeit der Bank.
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August 02, 2016 07:04 ET (11:04 GMT)
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