Von Manuel Priego Thimmel
FRANKFURT (Dow Jones)--Das gerade markierte Jahreshoch bei 10.743 Punkten im DAX hatten nur die wenigsten Anleger auf der Agenda. Bislang halten sich die negativen Brexit-Folgen in Grenzen. Auch haben es die japanische und britische Notenbank geschafft, mit zusätzlichen geldpolitischen Lockerungen die Stimmung an den Börsen zu stützen. Doch mit Kursgewinnen im DAX von fast 10 Prozent auf Monatssicht scheint der Aktienmarkt ein wenig heiß gelaufen. Denn die fundamentalen Treiber für eine nachhaltige Rally sind bislang nicht in Sicht.
Der DAX notiert noch immer rund 15 Prozent unter seinem im Jahr 2015 markierten Allzeithoch. Eine lockere Geldpolitik allein dürfte aber nicht ausreichen, um diese Lücke zu schließen. Zwar sind die globalen Wirtschaftsdaten zuletzt etwas besser als erwartet ausgefallen. Eine Trendwende stellen sie aber nicht dar. Die Deutsche Bank geht unverändert von nur moderaten Wachstumszahlen aus und verweist dabei auf das schwache Produktivitätswachstum in den USA sowie die nachlassenden Kreditstimuli aus China. Auch rechnen die Analysten weiter damit, dass Großbritannien nach dem EU-Aus in die Rezession abrutschen wird.
Unternehmensgewinne fallen absolut betrachtet
Auch die gerade zu Ende gehende Berichtssaison in den USA und Europa überzeugt nur auf den ersten Blick. Zwar haben bislang 76 Prozent der im S&P-500 gelisteten Unternehmen die Gewinnerwartungen schlagen können. Doch dies ist, darauf weist M.M.Warburg (MMW) hin, nur darauf zurückzuführen, dass die Gewinnerwartungen vor den Zahlen-Veröffentlichungen, wie sonst auch üblich, kontinuierlich nach unten revidiert wurden. Absolut betrachtet ergibt sich aber ein ganz anderes Bild. Denn im Vergleich zum Vorjahr sind die Gewinne um 2 Prozent gefallen.
Ähnlich sieht die Lage im DAX aus. Gut 60 Prozent der Quartalsgewinne lagen hier über den Erwartungen. Wie aus einer Studie von EY hervorgeht, ging es mit den Umsätzen gegenüber dem Vorjahr aber um 1,1 Prozent zurück, bei den Gewinnen waren es sogar 7 Prozent. Die schwache Weltkonjunktur und der starke Euro forderten ihren Tribut. Und MMW glaubt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird. Mit Blick auf den S&P-500 merken die Analysten an, dass die Gewinnerwartungen für das dritte Quartal gerade erstmals unter das Vorjahresniveau gerutscht sind. Die absolute Gewinnentwicklung der Unternehmen dürfte also negativ bleiben.
Niedrige Volatilitäten sprechen gegen steigende Kurse
Das scheint die Anleger aber nicht weiter zu stören. Der Einbruch der Volatilitäten an den Finanzmärkten spricht dafür, dass sie gerade in Partystimmung sind. Der VDAX ist von Ständen von über 30 auf sehr niedrige 18 eingebrochen. Typischerweise lässt sich aber gerade in Zeiten erhöhter Unsicherheiten an den Börsen Geld verdienen. Aktienstratege Andreas Hürkamp von der Commerzbank empfiehlt den Anlegern daher, den steigenden Kursen nicht hinterherzulaufen: "Wir bleiben bei unserer Strategie, nur in Phasen, in denen der VDAX zwischen 25 und 30 notiert, sehr optimistisch für den DAX zu werden."
Die Anleger sollten mithin günstigere Kurse für den Einstieg im DAX abwarten. Die Wahrscheinlichkeit einer baldigen technischen Korrektur im DAX erscheint derzeit höher als weiter rasant steigende Kurse. Ein Crash steht aber nicht zu erwarten. Dagegen spricht der massive Renditeabstand zwischen Anleihen und Aktien. Während 10-jährige Bundesanleihen in der Zwischenzeit nur noch eine negative Rendite bieten, glänzt der DAX mit einer Dividendenrendite von plus 3 Prozent. Aktien bleiben mithin alternativlos, auch wenn sie aktuell ein wenig heiß gelaufen sind.
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August 12, 2016 08:03 ET (12:03 GMT)
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