Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Die deutschen Steuereinnahmen sind im Juli erstmals seit gut zwei Jahren wieder gegenüber dem Vorjahr gesunken. Sie gingen um 1,9 Prozent zurück und beendeten damit ihren seit Mai 2014 anhaltenden Höhenflug, wie das Bundesfinanzministerium bekanntgab. Das Haus von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte dafür allerdings erwartete Sondereffekte verantwortlich.
Der Bund alleine verbuchte 8,3 Prozent weniger an Steuern und kam auf ein Aufkommen von 20,4 Milliarden Euro. Die Länder nahmen mit 22,7 Milliarden Euro um 1,3 Prozent geringere Steuern ein. Insgesamt belief sich das Steueraufkommen im Juli auf rund 48,4 Milliarden Euro.
"Der Rückgang der Steuereinnahmen - insgesamt sowie für den Bund - ist auf Sondereffekte zurückzuführen, die das Aufkommenswachstum im Juli dämpften", erklärte das Finanzministerium in seinem neuen Monatsbericht. Diese Sondereffekte seien in der Mai-Steuerschätzung berücksichtigt worden. Damit liege "die leicht rückläufige Entwicklung des Steueraufkommens im Juli 2016 im erwarteten Bereich".
Hinter dem Rückgang steht auch ein erwarteter Einnahmerückgang bei der Tabaksteuer als Gegenreaktion auf zuvor hohe Zuwächse wegen der Umstellung auf Schockbilder bei den Zigarettenpackungen. "Die Händler haben sich noch im Juni mit Zigaretten ohne diese Bilder eingedeckt", sagte ein Ministeriumssprecher zu Dow Jones Newswires. Außerdem kam es laut dem Ministerium zu einem hohen Rückgang bei den nicht veranlagten Steuern vom Ertrag, weil "offensichtlich eine veränderte Terminlage bei der Ausschüttung von Dividenden zu einer unterjährigen Verschiebung von Steueraufkommen" führte.
Deutsche Wirtschaft setzt Aufschwung fort
In den ersten sieben Monaten des Jahres 2016 legten die Steuereinnahmen aber insgesamt um 4,6 Prozent auf 365,4 Milliarden Euro zu. Der Bund verzeichnete eine Steigerung um 6,2 Prozent, und die Länder kamen auf ein Plus von 6,4 Prozent. Zuletzt waren die Steuereinnahmen im Juni insgesamt um 5,1 Prozent gestiegen, nach Zuwächsen von 6,2 Prozent im Mai, 6,6 Prozent im April und 7,1 Prozent im März.
Der deutschen Wirtschaft bescheinigten Schäubles Ökonomen eine weiter gute Lage. "Die gute Verfassung der deutschen Wirtschaft spricht für eine Fortsetzung der konjunkturellen Aufwärtsbewegung in den kommenden Monaten, wobei die außenwirtschaftlichen Risiken mit dem Brexit-Votum zugenommen haben", erklärten sie. Den aktuellen Wirtschaftsdaten zufolge dürfte sich der konjunkturelle Aufschwung in einem moderaten Tempo fortsetzen, und die Konjunkturindikatoren sprächen insgesamt für eine "verhalten positive Dynamik der Industrieproduktion" im weiteren Jahresverlauf.
Der private Konsum sei auch im zweiten Quartal ein wichtiger Treiber des Wirtschaftswachstums gewesen, wenn auch etwas weniger stark als in den Vorquartalen. Die Preisniveauentwicklung verlaufe in ruhigen Bahnen. "Die Preisentwicklung befindet sich weiterhin auf moderatem Niveau und stützt somit den privaten Konsum", erklärten Schäubles Konjunkturexperten. Der dämpfende Effekt der Energiepreise dürfte aber nach ihrer Einschätzung im weiteren Jahresverlauf nachlassen, sofern der Ölpreis nicht erneut fällt.
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August 18, 2016 18:00 ET (22:00 GMT)
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