
BERLIN (dpa-AFX) - Um Armut im Alter vorzubeugen, muss der Mindestlohn nach Ansicht des Sozialverbands SoVD auf 11,60 Euro angehoben werden. Nur so sei nach 45 Arbeitsjahren eine angemessene Rente über der Grundsicherung von derzeit 773 Euro monatlich zu erreichen, erklärte der Verband am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung seines Positionspapiers "Bekämpfung von Altersarmut". Die im nächsten Jahr geplante Anhebung von derzeit 8,50 auf 8,84 Euro reiche nicht aus.
Die Grundsicherung ist eine Sozialleistung, die aus Steuermitteln finanziert wird. Nach Ansicht der SoVD sollte der Bundeszuschuss aus Steuern für versicherungsfremde Leistungen in der Rente um mindestens 20 Milliarden Euro angehoben werden. Das würde ein bereits bestehenden Rückstau beim Bundeszuschuss von 13 Milliarden Euro abdecken und die Anerkennung der Mütterrente von derzeit zwei Jahren bei Kindern, die vor 1992 geboren wurden, um ein weiteres Jahr.
Das Rentenniveau, also das Verhältnis der Rente nach 45 Jahren Arbeit zum Durchschnittseinkommen, sollte von derzeit 47,7 auf 50 Prozent angehoben werden, verlangte der Verband bei der Vorstellung seines Positionspapiers weiter. Summiert belaufen sich dessen Forderungen auf 30 bis 35 Milliarden Euro. "Es geht um eine Frage der sozialen Gerechtigkeit", erklärte SoVD-Präsident Adolf Bauer.
Der Verband empfiehlt weiter eine Einschränkung prekärer Beschäftigungen wie Minijobs, Leiharbeit und befristete Verträge, um so Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung in der Erwerbsphase auszubauen. Etwa 25 Prozent der Arbeitnehmer seien geringfügig beschäftigt, ähnlich hoch dürfte der Anteil der von Armut betroffenen älteren Menschen sein. Es seien nach wie vor Frauen, die solche Beschäftigungen hätten, weil vor allem sie sich um Kindererziehung und pflegebedürftige Angehörige kümmerten, sagte Klaus Michaelis, Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses des Verbandes.
Schließlich sind nach Ansicht des SoVD Verbesserungen für Erwerbsminderungsrentner nötig. "Denn für sie ist das Risiko von Altersarmut besonders hoch, obwohl die Rente aufgrund von gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht freiwillig in Anspruch genommen wird", sagte Bauer. Die systemwidrigen Abschläge bei Erwerbsminderungsrenten müssten daher abgeschafft werden. Zeiten der Niedriglohnbeschäftigung und der Langzeitarbeitslosigkeit sollten aufgewertet werden.
Eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze sei erst dann in Erwägung zu ziehen, wenn es der Arbeitsmarkt auch tatsächlich zulässt, wenn also die älteren Menschen auch tatsächlich eine Chance auf Beschäftigung haben.
Derzeit beziehen nach Verbands-Angaben ungefähr 540 000 Menschen über 65 Grundsicherung, 400 000 davon erhalten zudem Rentenleistungen, die allerdings aufgerechnet werden. Das empfänden die Betroffenen als ungerecht, sagte Michaelis./rm/DP/mis
AXC0105 2016-08-23/14:29