
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Regierungssprecher Steffen Seibert hat Berichte zurückgewiesen, die Bundesregierung wolle sich von der Armenien-Resolution des Bundestages distanzieren. "Davon kann überhaupt keine Rede sein", sagte Seibert bei einer Regierungspressekonferenz in Berlin. Zugleich verwies er aber darauf, dass die Resolution nicht rechtlich bindend sei.
Der Spiegel hatte am Morgen berichtet, die Bundesregierung wolle sich von der Resolution distanzieren und erhoffe sich davon eine Aufhebung des Besuchsverbots für deutsche Abgeordnete bei den in der Türkei stationierten Bundeswehrsoldaten. Auswärtiges Amt und Kanzleramt hätten sich darauf geeinigt, dass Seibert vor die Presse treten und sich im Namen der Regierung von der Armenien-Resolution des Bundestages distanzieren solle.
"Der Bundestag hat das Recht und die Möglichkeit, sich zu jedem Thema zu äußern, wann immer er das für richtig hält, und die Bundesregierung unterstützt und verteidigt dieses souveräne Recht der deutschen Volksvertretung", betonte Seibert aber. Es stehe der Bundesregierung nicht zu, "sich in die Zuständigkeiten eines andern Verfassungsorgans einzumischen und sich dazu wertend zu äußern".
Sein souveränes Recht habe der Bundestag auch mit der Armenien-Resolution ausgeübt, mit einem Entschließungsantrag, der darauf ziele, "Auffassungen zu politischen Fragen zum Ausdruck zu bringen, ohne dass diese rechtsverbindlich sind". So stehe es auch auf der Homepage des Bundestages. "In der Tat hat das Wort Völkermord rechtlich eine ganz bestimmte Legaldefinition. und dies wird von den zuständigen Gerichten ausgelegt und festgestellt", stellte Seibert klar.
Der Bundestag hatte Anfang Juni die ab 1915 von der damaligen osmanischen Regierung an den Armeniern begangenen Massaker als Völkermord eingestuft. Als Reaktion hatte die türkische Regierung deutschen Abgeordneten den Besuch auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik im Osten der Türkei untersagt. Weder Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatten an der Abstimmung zu der Resolution teilgenommen.
Steinmeier stehe zu der Resolution, sagte dessen Sprecher bei derselben Pressekonferenz. Von einer Distanzierung könne keine Rede sein.
(Mitarbeit: Stefan Lange)
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September 02, 2016 05:53 ET (09:53 GMT)
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