FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 26. September 2016. Nach der Erleichterungsrally an den Aktienmärkten sollten weitere Kursgewinne Ökonomen zufolge von positiven Entwicklungen bei den Unternehmensgewinnen getragen werden. Auch technisch orientierten Analysten fehlt noch die Treibkraft.
Nach der Freude an den Kapitalmärkten über die aufgeschobene Zinserhöhung in den Vereinigten Staaten widmen sich Anleger in dieser Woche wieder der Konjunktur. "Die Sorgen vor einer kurzfristigen Drosselung der globalen Liquiditätsschwemme haben sich in Wohlgefallen aufgelöst", fasst Claudia Windt von der Helaba zusammen und liest dies in erster Linie an den Aktienmärkten ab. Der deutsche Leitindex gewann auf Wochensicht 3,4 Prozent hinzu und verabschiedete sich bei einem Stand von 10.626 Punkten ins Wochenende. Damit stehen dem diesjährigem DAX-Jahreshoch gerade mal rund 150 Punkte im Weg.
Einiges spricht für Aktien
"Für eine Fortsetzung des Aufwärtstrends wird es nun aber ebenso darauf ankommen, dass die Notierungen zunehmend durch steigende Unternehmensgewinne untermauert werden", meint Kollege Markus Reinwand. In den vergangenen Monaten hätten sich die Gewinnerwartungen für DAX- und Euro Stoxx 50- als auch den S&P 500-Werte bereits sichtbar erholt. Damit keine neuerlichen Gewinnängste aufkommen, sei nun eine Stabilisierung bei wichtigen Frühindikatoren wie dem zur Veröffentlichung anstehenden ifo-Geschäftsklima geboten.
Solange die Nachhaltigkeit der Unternehmensgewinne nicht zur Disposition steht, spricht Reinwand zufolge die relative Attraktivität klar für Aktien. Schließlich sei die Differenz zwischen Dividendenrendite und der Rendite von Staatsanleihen aus den Industrieländern noch immer extrem ausgeprägt. Auf Basis absoluter Bewertungsmaßstäbe - dazu gehören Kurs-Gewinn-Verhältnis, Kurs-Cashflow-Verhältnis und Kurs-Buchwert-Verhältnis - bewegten sich DAX und Euro Stoxx 50 noch im mittleren Bereich des langfristigen Bandes und hätten somit Luft nach oben. "Nachdem der klassische Angstmonat September so gut wie überstanden ist, steht mit dem vierten Quartal übrigens die saisonal stärkste Phase bevor", fügt Reinwand hinzu.
Jahreshoch rückt in Reichweite
Technisch sieht Christian Schmidt den deutschen Aktienindex ebenfalls gut aufgestellt. Nachdem in der Vorwoche der Versuch scheiterte, die für den mittelfristigen Trend wichtige 55-Tage-Linie zu brechen, ist dem Charttechniker der Helaba zufolge nun die Überwindung bedeutender Widerstände gelungen. Dazu gehörten eine Strukturmarke, ein Retracement, die obere Begrenzung des Price-Range-Channels sowie die 21-Tagelinie. In der Folge habe der Directional Movement Index (DMI), der anzeigt, ob ein Kursverlauf einen Trend aufweist oder nicht, in den Kaufmodus gedreht. "Damit rückt das Jahreshoch von 10.802 Punkten wieder in den Fokus." Spätestens an dieser Marke werde sich zeigen, ob der DAX über weitere Kraft verfügt. Eine erste markante Unterstützung macht Schmidt bei 10.543 Punkten aus.
Noch fehlt der Schwung
Für Christoph Geyer von der Commerzbank hat die seit Anfang August bestehende DAX-Seitwärtsphase in dieser Woche weiterhin Bestand. Nachdem der deutsche Aktienindex zum Wochenschluss die Unterstützungszone wieder verlassen habe und damit die Chance bestehe, erneut an die Tops vom August und September zu laufen, macht der Charttechniker Ermüdungserscheinungen am Freitag aus. Der Schwung vom Vortag sei zum Wochenende hin nicht getragen worden. "Trotz des Kaufsignals beim MACD-Indikator dürfte es schwer fallen, den Widerstand bei etwa ca. 10.800 Punkten zu brechen", prognostiziert Geyer. Das bedeute aber nicht, dass sich ein solches Marktvertrauen in den kommenden Wochen nicht noch aufbauen könnte. Allerdings sollte bedacht werden, dass unter anderem der US-Wahlkampf nun in die heiße Phase eintrete, was vermutlich für Verunsicherung sorge.
Japan zieht es zurück zur Planwirtschaft
Obwohl die globalen Notenbanken in den vergangenen Jahren neben der Zinssteuerung unkonventionelle Maßnahmen - dazu gehören Anleihe-Käufe - ergriffen hätten sieht Chris-Oliver Schickentanz in den jüngsten Plänen der Bank of Japan eine neue Qualität. Das explizit ausgerufene Zinsziel für 10-jährige japanische Staatsanleihen bei 0,0 Prozent erinnert den Commerzbank-Analysten an die dunkelsten Stunden der Planwirtschaft. Denn der richtige Zins von Staatspapieren müsse sich eigentlich durch Angebot und Nachfrage ergeben.
Robert Halver stellt sich der Frage, wie Japan nach jahrelanger üppiger Geldpolitik ohne nennenswerte Inflationswirkung nun den Druck auf die Preise erhöhen will und geht davon aus, dass die japanische Notenbank zunehmend die Finanzierung der öffentlichen Haushalte direkt übernehmen wird. Wenn sich die Fiskalpolitik in Zukunft verschuldet, werde die Bank of Japan die dazu neu ausgegebenen Staatsanleihen aller Voraussicht nach direkt aufkaufen. Das neue Zentralbankgeld gelange so durch umfangreiche Infrastrukturprojekte und Transferzahlungen des Staates in die japanische Volkswirtschaft. "Damit es tatsächlich zur gewünschten Preiswirksamkeit kommt, wird nicht gekleckert, sondern geklotzt", meint der Baader Bank-Analyst.
"Zusammengefasst schlägt Japans Notenbank bei Erfolg drei Fliegen mit einer Klatsche." Die Banken profitierten von einer ertragsreicheren Fristentransformation. Die Wirtschaft komme in den Genuss von nachhaltigen Infrastrukturprojekten, die auch zu privatwirtschaftliche Folgeinvestitionen führen und damit Japan nachhaltig aus der Deflation befreien könnten. Gleichzeitig verringere der Staat über die steigende Inflation seine dramatische Überschuldung. "Die Dummen dabei sind allerdings die japanischen Sparer, deren Zinsvermögen über negative Realrenditen dramatisch entspart werden."
Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftsdaten
Mittwoch, 28. September
8.00 Uhr. Deutschland: GfK Konsumklima Oktober. Nachdem der Quartalsauftakt von einer schwachen Produktionstätigkeit und einer enttäuschenden Auftragslage geprägt war, scheint die Einschätzung der deutschen Verbraucher besser zu sein. Erst im September zog der vom GfK erhobene Stimmungsindikator auf den höchsten Stand seit 15 Jahren an, wie die HSBC erinnert. Im Oktober erkennen die Analysten der britischen Großbank keinen Anlass für eine deutlich pessimistischere Einschätzung der Lage. Die Kaufbereitschaft wie auch die Einkommenserwartung seien hoch.
Donnerstag, 29. September
9.55 Uhr.. Deutschland: Arbeitslosenquote September. Die Kauflaune der Deutschen wird laut HSBC vor allem vom gut laufenden deutschen Arbeitsmarkt unterstützt. Seit vier Monaten verharre die Arbeitslosenquote auf dem Rekordtief von 6,1 Prozent. Ein fünfter Monat mit einer Senkung der Arbeitslosen im September um weitere 5.000 dürfte folgen, wie die HSBC-Analysten meinen.
14.00 Uhr. Deutschland: Konsumentenpreise September. Auch die Inflation bleibe wohl vorerst weiter auf der Seite der Konsumenten. Die Jahresrate dürfte der HSBC zufolge im September moderat von 0,4 auf 0,6 Prozent anziehen und bleibe damit überaus niedrig. Insgesamt werde Deutschland eine ähnliche Preisentwicklung wie die gesamte Eurozone sehen. Ab September werde die Inflation aufgrund von Basiseffekten im Energiesektor schrittweise bis auf rund 1 Prozent zum Jahreswechsel anziehen. Ein nachhaltiger Preisdruck lasse allerdings weiterhin auf sich warten. Damit werde das Teuerungsziel der Europäischen Zentralbank von knapp unter 2 Prozent weiterhin deutlich unterschritten.
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Von: Iris Merker
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(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)
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