BERLIN (dpa-AFX) - Vor dem Besuch von EZB-Präsident Mario Draghi im Bundestag haben mehrere Unionspolitiker die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) erneut kritisiert. "Draghi setzt mit seiner Politik ein fatales Signal für eine stabilitätsorientierte Fiskalpolitik", sagte der Hans Michelbach von der CSU der "Rheinischen Post" (Mittwoch). Die finanzpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Antje Tillmann (CDU), forderte Aussagen zur künftigen Entwicklung: "Ich erwarte, dass Herr Draghi uns ein realistisches Szenario präsentiert, wie man wieder zu einer Normalzinsphase kommen kann", sagte sie dem Blatt.
Der Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, warnte dagegen: "Wenn man jetzt die Zinsen einfach erhöhen würde, besteht die Gefahr, dass die Krise doch verstärkt zurückkommt nach Südeuropa", sagte der Präsident des Münchner Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Gleichzeitig führten die niedrigen Zinsen jedoch auch zu Anreizen, weniger Schulden abzubauen. "Insofern steht die Geldpolitik hier vor einem echten Dilemma."
Draghi wollte sich am Mittwochnachmittag in Berlin den Fragen von Bundestags-Abgeordneten stellen. Für diesen Donnerstag ist in Berlin ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant.
Im Mittelpunkt steht die umstrittene Niedrigzinspolitik der Euro-Notenbank. Es dürfte bei den Gesprächen mit Vertretern der Ausschüsse auch um die deutschen Handelsüberschüsse gehen.
Mit der Politik des extrem billigen Geldes will die EZB das Wachstum sowie die Inflation in der Euro-Zone ankurbeln - belastet aber zugleich Sparer. Auch droht wirtschaftlich stärkeren Ländern wie Deutschland die Gefahr von Preisblasen etwa im Immobilienbereich. Kritiker befürchten zudem sinkende Reformbereitschaft der Politik.
Die Währungshüter in Frankfurt/Main müssen aber einen gemeinsamen Zinssatz für alle 19 Euroländer festlegen, obwohl deren wirtschaftliche Entwicklung äußerst unterschiedlich ist. Der Schlüsselsatz der EZB für die Versorgung der Banken mit Notenbankgeld liegt seit März auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent./sl/ari/DP/tos
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