Von Archibald Preuschat
FRANKFURT (Dow Jones)--Mit der Halbierung der Flotte will Air Berlin endlich wieder Gewinne einfliegen. Operativ schwarze Zahlen will die chronisch defizitäre Airline 2018 schreiben, dies kündigte CEO Stefan Pichler bei der Vorstellung von dem, was er "die neue Air Berlin" nennt, an.
Bereits am Mittwochabend wurde bekannt, dass Deutschlands zweitgrößte Airline ihre Flotte halbieren will. In diesem Zuge werden 40 Jets samt Crew über sechs Jahre an die Lufthansa-Group vermietet. Dort sollen sie im Wesentlichen für die Low-Cost-Tochter Eurowings fliegen, aber auch von der Lufthansa-Tochter Austrian Airlines eingesetzt werden.
Auch das touristische Geschäft will Air Berlin ausgliedern und sucht nach "strategischen Optionen". Mit dem Umbau der Airline zu einem "Netzwerk-Carrier", der sich auf seine zwei deutschen Drehkreuze Düsseldorf und Berlin konzentrieren will, geht freilich auch der Abbau von 1.200 Arbeitsplätzen in der Verwaltung einher. "Es ist nicht einfach gewesen, eine so schwerwiegende Entscheidung zu treffen", sagte Pichler, der indes betonte, in konstruktiven Gesprächen mit Gewerkschaften und Personalvertretungen zu sein. Die zu erwartenden Restrukturierungskosten bezifferte er auf einen "höheren zweistelligen Millionen-Euro-Betrag."
Gewerkschaft Verdi will um jeden Arbeitsplatz kämpfen
Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi kündigte nach der Ankündigung des Stellenabbaus an, um seinen Arbeitsplatz bei Air Berlin zu kämpfen. "Wenn sich ein Abbau nicht vermeiden lässt, dann so sozialverträglich wie möglich", hieß es von verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle in einer Stellungnahme. Die Gewerkschafterin warnte auch, dass das Wet-Lease-Abkommen mit der Lufthansa Group nicht reichen werde, um Air Berlin langfristig zu erhalten.
"Die früheren Restrukturierungsmaßnahmen haben nur an der Oberfläche gekratzt", gestand Pichler in der Telefonkonferenz mit Journalisten ein. Indes hätte die "neue Air Berlin die bestmöglichen Zukunftsaussichten", so der Unternehmenslenker, der seit rund eineinhalb Jahren an der Spitze der defizitären Airline steht, in die Großaktionär Etihad bislang mehr als 1 Milliarde Euro über Anleihen oder Transaktionen gepumpt hat, ohne den Turnaround einleiten zu können.
Ein launiger, teils barscher Pichler lehnte es aber kategorisch ab, zu Finanzierungsfragen Stellung zu nehmen. Die Vermietung der 40 Maschinen an die Lufthansa-Gruppe soll erst zum nächsten Sommerflugplan voll greifen, der im Frühjahr 2017 in Kraft tritt. Dann fließen durch die Wet-Lease genannte Vereinbarung jährlich etwa 200 Millionen Euro, über die sechsjährige Laufzeit also 1,2 Milliarden Euro in die Kassen von Air Berlin. Zuvor muss Air Berlin durch den Winter, in dem traditionell hohe Verluste anfallen. Schon per Ende Juni war das Eigenkapital der Airline mit fast 1 Milliarde Euro negativ.
Pichler sieht eine Win-Win-Situation
Während Pichler von einer Win-Win-Situation für Air Berlin und Lufthansa sprach, wird das am Markt offenbar anders gesehen. So warnten die Analysten von Liberum, dass Lufthansa mit Eurowings zwar Marktanteile gewinne, Ergebnis-Beiträge aber zweitrangig seien. Die Aktie von Air Berlin konnte am Vormittag 2,5 Prozent zulegen, zum Handelsstart betrug das Plus gar 5 Prozent. Lufthansa verlor, wie andere europäische Airlines wegen des steigenden Ölpreises, hingegen 2,1 Prozent.
Ungelöst ist bislang auch die Zukunft des ausgegliederten Touristik-Geschäfts der Air Berlin zu dem auch 14 Jets der Tuifly gehören, die langfristig an die Air Berlin vermietet wurde. Der für die TUI lukrative Vertrag läuft noch bis 2019. Das Wort TUI nahm er in der gesamten Telefonkonferenz nicht einmal in den Mund.
Neue USA-Strecken sollen Wachstum bringen
Pichler will vor allem auf Strecken in die USA expandieren. Er sieht einen Wettbewerbsvorteil der Air Berlin, die die Strecken vom bevölkerungsreichen Nordrhein-Westfalen bedienen kann. Auch Abu Dhabi, Drehkreuz von Großaktionär Etihad soll weiter angeflogen werden. Perspektivisch will Pichler auch wieder direkt nach Asien fliegen, bislang füttert er nur das Etihad-Drehkreuz am Golf.
Trotz der Verschlankung der Flotte will sich Air Berlin auch nicht aus dem innerdeutschen Punkt-Zu-Punkt-Verkehr zurückziehen. "Ziele wie Frankfurt oder Hamburg werden bleiben."
Kontakt zum Autor: archibald.preuschat@wsj.com
DJG/apr/sha
(END) Dow Jones Newswires
September 29, 2016 05:55 ET (09:55 GMT)
Copyright (c) 2016 Dow Jones & Company, Inc.