FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 30. September 2016. Angesichts schwacher Finanztitel steigt die Risikoaversion der Anleger. Bankanleihen werden abgestoßen.
Die Unruhe um die Deutsche Bank lässt Anleger wieder in Staatsanleihen flüchten. Zuletzt meldete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass einige Hedgefonds überschüssige Geldbestände und Positionen bei Deutschlands größter Geschäftsbank reduziert haben. "Die Deutsche Bank ist in aller Munde", berichtet Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank. Auch von der Commerzbank kommen schlechte Nachrichten, 9.600 Arbeitsplätze sollen abgebaut werden. "Die wackligen Banken schüren Sorgen um die Finanzstabilität", bemerkt Arthur Brunner von der ICF Bank.
Die Zinswende, die vor zwei Wochen ein Stückchen näher gerückt schien, ist aktuell kein Thema. Der Euro-Bund-Future, der Mitte September unter 163 Punkte gefallen war, zeigt sich wieder sehr fest: Am Freitagmittag liegt der Indikator für die langfristigen Zinserwartungen bei 166,19 Punkten nach 165,14 vor einer Woche. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen, die zwischenzeitlich in den positiven Bereich geklettert war, liegt aktuell bei minus 0,15 Prozent nach minus 0,08 Prozent vergangenen Freitag.
Zittern um Portugal-Rating
Nicht nur Bundesanleihen sind gefragt. "Auch die Nachfrage nach Staatsanleihen der Peripherie ist gut", meint Brunner. "Das EZB-Kaufprogramm wirkt." Kopfschmerzen bereitet allerdings die am 21. Oktober anstehende Überprüfung des Portugal-Ratings durch die kanadische Rating-Agentur DBRS, die anders als die drei großen Agenturen das Land noch auf Investmentgrade setzt. "Das Votum ist entscheidend für die Eignung portugiesischer Bonds für das QE-Programm der EZB", bemerkt Daniel. Würde DBRS das Rating auf Schrottniveau setzen, könnte das Land den Zugang zum Markt verlieren und ein neues Beistandsprogramm benötigen.
Für die Türkei hat sich die Lage bereits eingetrübt: Die Rating-Agentur Moody's hat das Land diese Woche um eine Stufe auf Ba1 und damit auf Ramschstatus heruntergestuft. Das führte zu Kursverlusten bei türkischen Anleihen, wie Daniel feststellt.
Deutsche Bank-Anleihen verlieren
Dass für die Deutsche Bank in den USA unter Umständen eine Strafzahlung von rund 14 Milliarden US-Dollar ansteht, setzte die Anleihen der Bank unter Druck. "Das ohnehin knapp bemessene Eigenkapital droht so stark dezimiert zu werden, dass Zweifel aufkommen, ob die Deutsche Bank dies noch aus eigener Kraft wird bewältigen können", erklärt Klaus Stopp von der Baader Bank. Betroffen sind etwa ein 2016 emittierter und bis März 2019 laufender Bond (WKN DL19SQ): Mitte September notierte dieser noch bei 101,25, aktuell sind es 96,97 Prozent. Ähnlich sieht es aus bei einem Papier mit Laufzeit bis 2025 (WKN DB7XJJ).
Air Berlin und VW unter Druck
Deutlich nach unten ging es in dieser Woche auch für Air Berlin-Anleihen (WKN AB100B). Der angeschlagene Konzern kündigte ein hartes Sparprogramm an, die Flotte soll halbiert, über 1.000 Arbeitsplätze abgebaut werden. Air Berlin-Hauptaktionär Etihad verhandelt außerdem mit Tui darüber, Teile von Air Berlin mit Tuifly zusammenzulegen, zudem soll Air Berlin rund 40 Jets an die Lufthansa-Tochter Eurowings vermieten.
VW kommt ebenfalls nicht aus den Schlagzeilen heraus. Hybridanleihen (WKN A1ZE21) verloren zwischenzeitlich deutlich. "Es gab wieder einmal Gerüchte über noch höhere Strafen in den USA", erklärt Brunner.
Zulegen konnten Daniel zufolge Papiere der venezolanischen Ölgesellschaft Petroleos de Venezuela (WKN A0NRMA). "Hintergrund ist die Einigung der OPEC-Staaten auf eine Drosselung der Produktion und der damit verbundene Ölpreisanstieg", bemerkt Daniel. "Allerdings gibt es Zweifel, ob das wirklich klappt."
Schlechte Nachrichten von Laurèl und Gebr. Sanders
Rainer Petz von Oddo Seydler berichtet, dass der angeschlagene Modekonzern Laurèl in dieser Woche die Zustimmung zur Herabsetzung des Nennwerts der Anleihe (WKN A1X3MD) von 100 auf 22 Prozent auf einer Versammlung am 17. Oktober gefordert hat ¬¬¬- auf Verlagen des chinesischen Investors Shenzhen Oriental Fashion, der Laurèl übernehmen soll. Die Anleihegläubiger sollen darüber hinaus rückwirkend vom 1. September an auf Zinsen verzichten, die am 16. November fällige Zahlung soll bis Mitte 2017 gestundet werden. Gleichzeitig soll die Anleihe zum herabgesetzten Nennwert vorzeitig zurückgezahlt werden. Das Papier wird aktuell nur noch zu 18,25 Prozent gehandelt. Heftig verloren hat auch der Bond des Bettwarenherstellers Gebr. Sanders (WKN A1X3MD), wie Petz außerdem feststellt. "Das Unternehmen muss sich unter ein Schutzschirmverfahren begeben."
Sehr beliebt ist hingegen die Entry Standard-Anleihe der Karlsberg Brauerei (WKN A2AATX), wie Brunner feststellt. "Zum vorzeitigen Kündigungstermin 2019 lag die Rendite bei einem Kurs von in der Spitze 111,25 Prozent nur noch bei 1,335 Prozent." Die Anleihe läuft bis April 2021. "Angesichts der Beliebtheit ist es aber wahrscheinlich, dass die vorzeitige Kündigungsmöglichkeit genutzt wird."
Neues von BASF und Lanxess
Aufgrund der fehlenden Nachfrage durch Investoren hat die Lufthansa die Emission einer Anleihe im Volumen von 500 Millionen Euro am Montag kurzerhand abgesagt, wie Stopp außerdem berichtet. "Hintergrund scheint der Umstand, dass die Fluggesellschaft potentiellen Investoren nicht die Vergünstigungen gewährte, die diese gefordert hatten." Aufgrund des EZB-Anleihekaufprogramms hätten Emittenten bislang ihre Anleihebedingungen weitgehend durchdrücken können. "Lufthansa hat nun offenbar den Bogen überspannt."
Erfolgreicher war BASF: Der Chemiekonzern emittierte einen 500 Millionen schweren Bond (WKN A2BPA5) mit Kupon von 0,875 Prozent und Laufzeit bis 2031 mit privatanlegerfreundlicher Mindeststückelung von 1.000 Euro. Dazu gibt es zwei neue Anleihen von Lanxess, die kommende Woche in den Handel gehen, wie Brunner meldet: Die eine bietet 1 Prozent bis 2026 (ISIN XS1501367921), die andere 0,25 Prozent bis 2021 (ISIN XS150363425). Mit dem Emissionserlös will der Spezialchemiekonzern die Übernahme des US-amerikanischen Unternehmens Chemtura Corporation finanzieren.
Seit Mittwoch in der Zeichnung ist außerdem die Anleihe der Münchener Gewerbeimmobilien-Holding FCR Immobilien (WKN A2BPUC) mit Kupon von 7,1 Prozent und Fälligkeit im Oktober 2021. Der Emissionserlös soll in den Ausbau des Immobilienportfolios gesteckt werden.
von: Anna-Maria Borse
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