Von Madeleine Nissen und Jürgen Hesse
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Commerzbank will radikal den Rotstift ansetzen und 9.600 Stellen streichen. Die Aktionäre müssen angesichts der schwachen Gewinnaussichten wohl auf eine Dividende verzichten. Restrukturierungskosten würden mit rund 1,1 Milliarden Euro zu Buche schlagen, so dass die Bank ihre Ergebnisse lieber in die Gewinnrücklage einstellen wolle, teilte das Geldhaus mit.
Die Bank reagierte mit der Ankündigung auf die zahlreichen Presseberichte, die zuletzt sogar vom Abbau von 10.000 Stellen gesprochen hatten. Es handele sich bislang aber nur um einen Entwurf strategischer und finanzieller Ziele bis zum Jahr 2020, teilte der DAX-Konzern mit. Ein Beschluss zur Umsetzung sei noch nicht gefallen.
Die Commerzbank will nun bis Ende 2020 ihre Profitabilität nachhaltig erhöhen. Dazu will sie sich auf ihre Kerngeschäfte konzentrieren und 80 Prozent der relevanten Prozesse digitalisieren. Das Geschäft soll auf die zwei Kundensegmenten "Privat- und Unternehmerkunden" sowie "Firmenkunden" ausgerichtet werden. Die Segmente Mittelstandsbank und Corporates & Markets sollen gebündelt und das Handelsgeschäft im Investmentbanking reduziert werden. Dadurch würden die Ergebnisschwankungen und Risiken aus regulatorischen Änderungen reduziert sowie Kapital freigesetzt.
Im Rahmen der Strategie prüft die Commerzbank auch die Werthaltigkeit ihrer immateriellen Vermögensgegenstände. Aus diesem Grund werden im dritten Quartal 2016 aller Voraussicht nach rund 700 Millionen Euro abgeschrieben. Das Konzernergebnis dürfte im dritten Quartal deshalb negativ sein. Im operativen Ergebnis rechnet die Commerzbank mit Erträgen in etwa auf dem Niveau des zweiten Quartals.
Die Risikovorsorge wird aufgrund der nachhaltig schwachen Schiffsmärkte deutlich über dem Niveau der ersten beiden Quartale liegen. Für das Gesamtjahr 2016 erwartet die Commerzbank trotz der Abschreibungen auf Goodwill ein leicht positives Konzernergebnis.
Die Netto-Eigenkapitalrendite (RoTE) der Commerzbank soll Ende 2020 bei mindestens 6 Prozent liegen. Dieses Ziel spiegelt die Erwartung eines weiter herausfordernden Zinsumfelds wider. Bei einer Normalisierung sei eine Netto-Eigenkapitalrendite von mindestens 8 Prozent erreichbar. Insgesamt erwartet die Commerzbank für das Jahr 2020 Erträge von 9,8 bis 10,3 Milliarden Euro. Durch eine auf 6,5 Milliarden Euro reduzierte Kostenbasis soll die Aufwandsquote unter 66 Prozent sinken. Sollte sich das Zinsumfeld normalisieren, können die Erträge auf über 11 Milliarden Euro steigen und die Aufwandsquote auf rund 60 Prozent sinken.
Gleichzeitig mit dem Abbau der 9.600 Vollzeitstellen plant das Geldhaus die Schaffung von 2.300 neuen Stellen in Wachstumsfeldern. Damit beläuft sich der Netto-Stellenabbau auf rund 7.300 Vollzeitkräfte.
Damit geht der Aderlass bei Deutschlands zweitgrößter Privatbank weiter. Vor drei Jahren hatte die Bank den Abbau von 5.200 Stellen angekündigt, den sie ohne Kündigungen umsetzen konnte. Eine echte Verbesserung hat die Verschlankung aber nicht gebracht. Vielmehr sorgen Nullzinsen und eine Verlangsamung der Wirtschaft für anhaltenden Druck.
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September 29, 2016 04:50 ET (08:50 GMT)
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