Liebe Leserin, lieber Leser,
des einen Freud ist des anderen Leid. Hoffen wir nur, dass der deutsche Steuerzahler dabei nicht der Dumme ist.
Chart RWE-Aktie
Quelle: tradingview.com
Um was es geht: Der deutsche Gesetzgeber hat bekanntlich die Verteilung der Kosten für den Atomenergieausstieg neu geregelt. Demnach wird der wohl größte Risikoposten - Verantwortung für Zwischenlagerung sowie Endlagerung der radioaktiven Abfälle - auf den Bund und damit den deutschen Steuerzahler übergehen. Was die Kernkraftwerksbetreiber hingegen übernehmen? Laut RWE ist dies der "Betrieb, der Rückbau und die Verpackung der radioaktiven Abfälle". Und das ist überschaubarer als die Endlagerung. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass RWE es gewissermaßen schwer hat, ein breites Grinsen zu verstecken.
Kernenergie-Ausstieg: RWE freut sich - Steuerzahler wohl kaum
Gewiss, das RWE-Management ließ in einer Pressemitteilung verlauten, dass die voraussichtliche Gesamtbelastung für RWE in Höhe von 6,8 Mrd. Euro das Unternehmen "erheblich" belasten werde. Doch man stehe zu den eigenen Verpflichtungen in Bezug auf die Abwicklung der Kernenergie. In Wahrheit ist diese Nachricht für RWE gut und für den Steuerzahler schlecht: Denn die Kosten von 6,8 Mrd. Euro sind für RWE verkraftbar, es wurden schließlich Rückstellungen gebildet und es droht nun für RWE kein Schrecken ohne Ende mit immer neuen Zahlungen für Endlager etc. - denn diese Risiken liegen nun beim Bund bzw. dem Steuerzahler. Ich habe einmal in den 9-Monats-Zahlen nachgeschaut, was RWE für "Entsorgungen im Kernenergiebereich" zurückgstellt hat. Konkret:
Die voraussichtlichen Kosten liegen erheblich unter den gebildeten Rückstellungen
Per 30.9. betrugen diese Rückstellungen laut RWE selbst 10,568 Mrd. Euro.
Quelle: 9-Monats-Zahlen RWE, Seite 13
Soviel zum Thema "erhebliche Belastung" durch die 6,8 Mrd. Euro voraussichtliche Gesamtbelastung. Diese liegen um einen Milliardenbetrag unter der erfolgten Rückstellung. Würde mich nicht wundern, wenn die "erhebliche Belastung" mal eben so in einer Einmalzahlung von RWE gezahlt würde. Dann wäre für RWE das Thema vom Tisch. Ob das für den deutschen Steuerzahler auch so einfach ablaufen wird, weiß ich natürlich nicht. Kein Wunder jedenfalls: Die RWE-Aktie konnte entsprechend profitieren und legte die letzten Tage zu.
Dann der Blick auf die RWE-Tochter Innogy:
Die börsennotierte RWE-Tochter Innogy hält ihre hohe Frequenz beim "Raushauen" von Unternehmensnachrichten bei. An einem Tag wird auf den gestiegenen Anteil von Frauen in Innogy-Aufsichtsgremien verwiesen, am nächsten Tag auf den eigenen "vielfach ausgezeichneten" Kundenservice und wieder einen Tag später gibt Innogy einen Tipp für einen "Vorsatz fürs neue Jahr": Energiebewusst leben!
Ich finde, hier sehen wir etwas, was auf Neudeutsch wohl "Information Overload" heißt: Ein Überfluss an Informationen. Wie zahlreich sind doch die "News", derer ich persönlich nicht bedarf. Der Innogy-Presseabteilung kann man das allerdings kaum vorwerfen, das ist schließlich deren Job. Doch als Anleger gilt es, solche eher unwichtigen Nachrichten (um es einmal so auszudrücken) von den wirklich wichtigen zu trennen.
Vorsicht: Freier Cash Flow ist zuletzt gesunken?
Und was ist bei Innogy wichtig? Zum Beispiel die Tatsache, dass die Aktie seit dem 19. Dezember im MDAX notiert. Das könnte seitdem und könnte jetzt Anfang Januar noch zusätzliche Aktienkäufe durch institutionelle Anleger(innen) begründen, was tendenziell bullish ist. Allerdings war mir bei den jüngsten 9-Monats-Zahlen aufgefallen, dass bei Innogy der freie Cash Flow um 17,2% auf 811 Mio. Euro gesunken war. Und das bei stark gestiegenen Nettoschulden von 18,707 Mrd. Euro - eine Art Abschiedsgeschenk der Mutter RWE nach dem Börsengang? Insofern bin ich hier nicht so begeistert und verweise darauf, dass die Zahlen für das Gesamtjahr 2016 dann planmäßig für den 13. März 2017 angekündigt sind.
Und hier noch das Zitat zum Tag: "There is enough for everybody's need - but not for everybody's greed." - Mahatma Gandhi
Mit herzlichem Gruß!
Ihr
Michael Vaupel