LUXEMBURG (dpa-AFX) - Die Inflation im Euroraum ist im Juni höher ausgefallen als erwartet. Wie das Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte, lagen die Verbraucherpreise 1,3 Prozent über dem Niveau vor einem Jahr. Analysten hatten im Mittel mit einer Rate von 1,2 Prozent gerechnet. Im Mai hatte die Rate noch 1,4 Prozent betragen.
Spürbar gestiegen ist die sogenannte Kerninflation, die den grundlegenden Preistrend besser wiedergeben soll als die Gesamtrate. Die Kernrate klammert Energie sowie Lebens- und Genussmittel aus, weil deren Preisentwicklung oftmals stärker schwankt. Im Juni stieg sie im Währungsraum um 0,2 Prozentpunkte auf 1,1 Prozent. Analysten hatten einen Zuwachs auf lediglich 1,0 Prozent erwartet.
MIETEN TREIBEN PREISE HOCH
Stärker war der Preisauftrieb im Juni mit 1,6 Prozent bei Dienstleistungen, zu denen auch die Wohnungsmieten zählen. Industriegüter verteuerten sich mit 0,4 Prozent ebenfalls etwas deutlicher als im Vormonat. Schwächer stiegen dagegen die Energiepreise sowie die Preise für Lebens- und Genussmittel.
Die Inflationsentwicklung ist wichtig für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Inflation liegt seit langem unter dem Zielwert der EZB von knapp zwei Prozent. In dieser Woche hatte sich EZB-Chef Mario Draghi aber zuversichtlich gezeigt, dass der Zielwert in absehbarer Zeit wieder erreicht wird. Dies war als Hinweis auf eine weniger lockere Geldpolitik verstanden worden. Die Notenbank legt allerdings wert darauf, dass der Preisauftrieb "nachhaltig" steigt. Die höhere Kerninflation dürfte ihr deshalb gelegen kommen.
ÖKONOMEN SEHEN NOCH KEINE TRENDWENDE
Die Commerzbank sieht jedoch noch keine Trendwende bei der Inflationsentwicklung. "Dies dürfte nicht der Beginn der von der EZB erhofften Aufwärtsbewegung sein", schreibt Commerzbank-Volkswirt Christoph Weil. Die Kernteuerungsrate sollte daher erst 2018 nachhaltig über ein Prozent steigen. Dies spreche gegen eine baldige Leitzinsanhebung durch die EZB.
Skeptisch mit Blick auf die weitere Inflationsentwicklung zeigt sich auch Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank: "Der erstarkte Euro und die gefallenen Ölpreise werden die Inflationsrate nach unten drücken." Die EZB-Fantasien an den Finanzmärkten gingen daher zu weit. Auch die Kerninflationsrate sollte laut Gitzel schon im kommenden Monat wieder sinken. Er widerspricht damit Draghi, der nur von vorübergehend dämpfenden Effekten gesprochen hatte.
VOR ALLEM DEUTSCHE ZAHLEN STÜTZEN
Mit Blick auf die einzelnen Mitgliedsländer wurde die Inflationsentwicklung vor allem durch die deutschen Zahlen gestützt. In Deutschland war die Inflationsrate im Juni überraschend gestiegen. In Frankreich, Spanien und Italien schwächte sich die Rate hingegen ab.
Die Auswirkungen an den Finanzmärkten hielten sich in Grenzen.
Der Euro
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