Von Christian Grimm und Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Wahlkampf zur Bundestagswahl ist eröffnet und in der Großen Koalition knirscht es gewaltig im Getriebe. CDU und CSU stoßen vor allem die Volten und Haken von Sigmar Gabriel (SPD) in der Außenpolitik sauer auf. Der neue Außenminister hat es geschafft, binnen einer Woche Finanzminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) gegen sich aufzubringen.
Schäuble stört sich massiv an Gabriels Vorstoß, der Europäischen Union mehr Geld aus dem Bundeshaushalt zu überweisen, weil er damit Begehrlichkeiten bei den Eurokrisenländern wecken könnte. Die Verteidigungsministerin bringt es auf die Palme, dass der Ex-SPD-Chef offensiv an Deutschlands Zusagen an US-Präsident Donald Trump für höhere Militärausgaben rüttelt. "Dann haben es die 27 anderen (Nato) Länder falsch verstanden? Sein Vorgänger Frank-Walter Steinmeier hat die Deklaration von Wales mitentschieden", monierte von der Leyen im Nachrichtenmagazin Spiegel.
Die Nato-Mitglieder hatten sich 2014 beim Gipfeltreffen in Wales dazu bekannt, binnen zehn Jahren die jährlichen Sicherheitsausgaben auf 2 Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern. Deutschland liegt mit 1,2 Prozent weit davon entfernt, müsste den Wehrhaushalt beinahe verdoppeln, was Gabriel ablehnt. Das Nato-Ziel sei außerdem nie wirklich bindend festgeschrieben worden, behauptete er auf dem SPD-Parteitag am vergangenen Sonntag. Die Union hingegen versucht den neuen Hausherrn im Weißen Haus gütig zu stimmen, der die Nato in Interviews schon in Bausch und Bogen verdammt hatte.
Falsche Signale an Athen
Schäuble kritisierte Gabriel scharf für seine Idee, Probleme wie in Griechenland mit mehr Geld zu lösen. "Mit solchen Sprüchen, man muss mehr Geld nach Europa geben, ist das Problem nicht gelöst, sondern es wird nur der Anreiz falsch gesetzt", sagte Schäuble im Deutschlandfunk. "Das ist ein schwerer Fehler."
Gabriel habe "in Griechenland die ganz falsche Botschaft gesendet", kritisierte der Finanzminister. "Ich habe mich darüber geärgert, dass Herr Gabriel in Griechenland den Griechen eine Botschaft gesendet hat, die den Griechen nicht hilft, sondern die es ihnen eher schwieriger macht, die richtigen Entscheidungen zu treffen." Griechenland könne nur in der Eurozone bleiben, wenn es mit Reformen seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit wiederherstelle - Athen müsse die durch die Finanzhilfen gewonnene Zeit dafür nutzen. "Hilfe ja, aber nicht in ein Fass ohne Boden", betonte Schäuble.
Gabriel hatte Anfang der Woche bei einem Besuch in Athen die Reformanstrengungen Griechenlands ausdrücklich gelobt und sich mit mehreren Äußerungen von der strikten Linie Schäubles abgegrenzt. Zugleich hatte er vorgeschlagen, europäisch künftig allgemein mehr Mittel bereitzustellen. "Wir könnten bei der nächsten Debatte über Europas Finanzen ja mal etwas 'Unerhörtes' tun: nämlich Bereitschaft signalisieren, mehr zu zahlen", hatte er über den Kurznachrichtendienst Twitter erklärt.
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March 24, 2017 10:05 ET (14:05 GMT)
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