NEW YORK (Dow Jones)--Abschütteln können die US-Börsen das Politchaos in Washington zwar nicht. Nach dem schwächsten Handelstag seit zehn Monaten am Vortag geht es mit den Indizes am Donnerstagmittag in New York aber dennoch zaghaft nach oben. Etwas Rückenwind kommt von gut ausgefallenen Konjunkturdaten, wenngleich diese angesichts der Skandalserie um US-Präsident Donald Trump derzeit allenfalls die zweite Geige spielen.
Der Dow-Jones-Index legt um 0,1 Prozent zu auf 20.620 Punkte, der S&P-500 kommt um 0,2 Prozent voran und der Nasdaq-Composite, klares Schlusslicht am Mittwoch, legt um 0,3 Prozent zu. Im frühen Handelsverlauf lagen die Indizes aber auch schon deutlich höher.
Beobachter in Washington sprechen von einem völligen politischen Stillstand angesichts der Skandale um Trump. Nun soll der ehemalige FBI-Chef Robert Mueller als Sonderermittler Licht ins Dunkel der Russland-Affäre um Trump bringen. Wie sehr Trumps Autorität bereits gelitten habe, zeige, dass das Weiße Haus erst über die Bestellung Muellers informiert worden sei, als seine Ernennung schon in trockenen Tüchern gewesen sei. Wie Trump in dieser Situation eine Steuerreform durch die Legislative bringen wolle, bleibe schleierhaft, heißt es im Handel.
Trumps Steuerpläne immer skeptischer gesehen
"Alles, was in Washington passiert, dürfte die vom Markt erwartete Steuerreform bzw. signifikante Steuersenkung wenn nicht aus der Spur bringen, dann doch wenigstens verzögern", sagt Marktstratege David Lafferty von Natixis Global Asset Management. Daher rechnen Marktakteure mit einem weiteren Auspreisen der mit Trump verbundenen Hoffnungen am Aktienmarkt.
Andererseits dürfte selbst ein Rücktritt oder eine Amtsenthebung Trumps keine realwirtschaftlichen Folgen nach sich ziehen, heißt es. "Aus der Sicht eines auf Fundamentaldaten fokussierten Anlegers sehe ich nichts, was meinen Blick ändern könnte. Die US-Konjunktur bewegt sich in die richtige Richtung", ergänzt Vermögensverwalter James Athey von Aberdeen Asset Management.
Als Beleg für diese These können die Konjunkturdaten des Tages herhalten. Sie sind durchweg gut ausgefallen. Der Philadelphia-Fed-Index für Mai hat die Marktschätzungen deutlich übertroffen und die wöchentlichen Arbeitsmarktdaten sind besser als gedacht ausgefallen. Hinzu kommen solide Geschäftszahlen aus dem Einzelhandel von Wal-Mart, was auf eine gesunde Konsumnachfrage schließen lässt - das wichtigste Standbein der US-Ökonomie.
Wal-Mart-Aktie legt deutlich zu
Der US-Einzelhandelsriese hat in seinem ersten Geschäftsquartal einen Nettogewinn von 3,04 Milliarden US-Dollar erzielt, mehr als von Analysten erwartet. Der Umsatz stieg um 1,4 Prozent auf 117,5 Milliarden Dollar. Er verfehlte damit die Erwartungen zwar knapp, nach einer Reihe stark enttäuschender Zahlenausweise aus dem US-Einzelhandel fällt das aber kaum ins Gewicht. Die Aktie gewinnt 2,6 Prozent und ist klarer Sieger im Dow-Jones-Index.
Ganz am Ende rangieren im Leitindex Cisco Systems. In Reaktion auf die bereits am Vorabend veröffentlichten Quartalszahlen verliert die Aktie über 7 Prozent an Wert. Cisco Systems rechnet mit einem Umsatzrückgang im laufenden Quartal und will weitere 1.000 Mitarbeiter entlassen. Das Unternehmen kämpft weiter damit, dass die Kunden immer stärker Software den Vorrang vor Hardware geben.
Bei Alibaba lag die Messlatte offenbar sehr hoch. Nach Geschäftszahlen des chinesischen Online-Einzelhändlers, die trotz einer Gewinnverdopplung die Analystenerwartungen zum Teil nicht erfüllen, geben dessen Papiere um 2,7 Prozent nach.
Fiat Chrysler büßen 1,9 Prozent ein. Dem Automobilkonzern drohen Medienberichten zufolge Klagen in den USA wegen Abgasmanipulationen. Facebook zeigen sich unbeeindruckt davon, dass die EU-Kommission eine Millionenstrafe gegen das soziale Netzwerk verhängt hat wegen irreführender Angaben bei der Übernahme von Whatsapp. Von der Höhe fällt sie kaum ins Gewicht angesichts Quartalsgewinnen von deutlich über 3 Milliarden Dollar.
Gute Konjunkturdaten sorgen für wieder steigende Renditen
Am Rentenmarkt stabilisieren sich die Renditen nach ihrem Absturz am Vortag wieder. Da hatten viele Anleger den vermeintlich sicheren Rentenhafen angesteuert, verunsichert durch das Politchaos in Washington. Neben einer Gegenreaktion führen Beobachter die Stabilisierung auf die guten Konjunkturdaten vom Tage zurück. Sie lassen die ohnehin schon mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erwartete Zinserhöhung im Juni noch sicherer erscheinen. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen liegt mit 2,22 Prozent kaum verändert.
Nachdem am Devisenmarkt an den Vortagen praktisch die gesamte "Trump-Rally" ausgepreist worden ist, tut sich der Dollar mit einer Gegenbewegung schwer. Der Euro fällt auf 1,1130 Dollar nach Wechselkursen um 1,1166 am Vorabend. Händler sprechen nach der jüngsten Euro-Rally von Gewinnmitnahmen. Zum Yen erholt sich der Dollar kaum - ebenso der Dollar-Index.
Der Goldpreis kommt nach seiner jüngsten "Trump-Rally" leicht zurück. Die Feinunze kostet mit 1.255 Dollar 0,5 weniger als am Vorabend. Am Vortag hatte der Goldpreis mit den Trump-Schlagzeilen den höchsten Settlementstand seit Ende April erklommen.
Volatil geht es am Ölmarkt zu. Die Ölpreisrally des Vortages schien zunächst ausgelaufen, ehe die Preise wieder den Weg nach oben antraten. US-Leichtöl der Sorte WTI verteuert sich um 0,9 Prozent auf 49,50 Dollar. Ein stützender Faktor dürfte sein, dass auf dem US-Öldrehkreuz Cushing die Vorräte sinken. Das geht aus Daten des Branchendienstes Genscape hervor. Markteilnehmer rechnen in den nächsten Tagen bis zum Opec-Treffen am 25. Mai mit einem sprunghaften Handel. Bei dem Treffen sollen die Opec-Länder der Vereinbarung Russlands und Saudi-Arabiens zustimmen, die Förderdrosselung zeitlich auszuweiten.
=== INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD DJIA 20.610,65 0,02 3,72 4,29 S&P-500 2.359,25 0,09 2,22 5,38 Nasdaq-Comp. 6.029,96 0,31 18,72 12,02 Nasdaq-100 5.602,39 0,39 21,84 15,19 US-Anleihen Laufzeit Akt. Rendite Bp zu Vortag Rendite Vortag +/-Bp YTD 2 Jahre 1,26 1,6 1,24 5,6 5 Jahre 1,75 -0,8 1,75 -17,8 7 Jahre 2,02 -0,7 2,03 -23,0 10 Jahre 2,21 -1,2 2,23 -23,2 30 Jahre 2,90 -1,8 2,91 -17,1 DEVISEN zuletzt +/- % Do, 8.35 Uhr Mi, 17.30 Uhr % YTD EUR/USD 1,1137 +0,09% 1,1127 1,1143 +5,9% EUR/JPY 123,35 -0,50% 123,96 124,20 +0,3% EUR/CHF 1,0874 -0,48% 1,0927 1,0923 +1,5% EUR/GBP 0,8563 -0,42% 0,8599 1,1615 +0,5% USD/JPY 110,76 -0,58% 111,40 111,44 -5,3% GBP/USD 1,3007 +0,52% 1,2940 1,2942 +5,4% ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 49,51 49,07 +0,9% 0,44 -12,4% Brent/ICE 52,65 52,21 +0,8% 0,44 -10,2% METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.255,98 1.261,35 -0,4% -5,37 +9,1% Silber (Spot) 16,67 16,89 -1,3% -0,23 +4,7% Platin (Spot) 937,55 947,00 -1,0% -9,45 +3,8% Kupfer-Future 2,53 2,55 -0,6% -0,01 +0,6% ===
Mitarbeit: Barbara Kollmeyer und Florian Faust
Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com
DJG/DJN/gos/flf
(END) Dow Jones Newswires
May 18, 2017 12:37 ET (16:37 GMT)
Copyright (c) 2017 Dow Jones & Company, Inc.