FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 25. Oktober 2017. Trotzt aller Risiken bleiben die Anleger ziemlich optimistisch. Das birgt nach Ansicht von Joachim Goldberg noch keine Gefahr aber auch kaum Potential.
Obwohl politisch während der vergangenen Woche relativ viel geschehen ist, hat der DAX seinen Schlafmodus beibehalten. Sowohl die Situation in Katalonien - der Ablauf eines Ultimatums Spaniens am vergangenen Donnerstag hatte nur für einen kurzfristigen Rücksetzer gesorgt - als auch der Brexit-Gipfel der EU haben die Börsianer kalt gelassen. Tatsächlich bewegt sich das Börsenbarometer nun bereits seit drei Wochen in einer Bandbreite von rund 200 Punkten bzw. in einer Handelsspanne von 1,5 Prozent.
Aber immerhin hat sich bei der Stimmung der von uns befragten mittelfristig orientierten institutionellen Anleger etwas getan. Auch wenn der DAX seit unserer vergangenen Erhebung im Punktvergleich nur um 0,2 Prozent zulegen konnte, hat sich der Optimismus, gemessen an unserem Börse Frankfurt Sentiment-Index, wieder verbessert. Gegenüber der Vorwoche können wir immerhin einen Anstieg um 8 Punkte auf einen Stand von nunmehr +15 Punkte notieren.
Dieser jüngste Anstieg des Sentiment-Index war dieses Mal möglich, weil in erster Linie Pessimisten - nicht nur aus der Vorwoche - ihre skeptische Linie aufgegeben und nunmehr fast vollumfänglich die Gruppe der neutral gestimmten Akteure aufgesucht haben. Offensichtlich haben sich diese Akteure bei ihren Erwägungen weniger aufgrund preislicher Veränderungen des DAX umorientiert, sondern vor allen Dingen, weil sich viele Börsianer wahrscheinlich an so genannte Ereignis-Risiken gewöhnt haben. So gesehen könnte man auch von einer gewissen Sorglosigkeit sprechen.
Denn immerhin steht am morgigen Donnerstag eine wahrscheinlich richtungsweisende Sitzung der Europäischen Zentralbank auf dem Terminkalender, von der die Teilnehmer an den Finanzmärkten Neuigkeiten bezüglich der Änderung des Anleihekaufprogramms erwarten. Aber die möglichen Facetten einer neuen Strategie sind offensichtlich so ausdauernd diskutiert worden, dass man nicht mit einer bösen Überraschung rechnet.
Unterschätztes Ereignisrisiko
Allerdings schwebt über dem Markt noch ein weiteres Ereignisrisiko, sofern US-Präsident Donald Trump seine Ankündigung wahr macht und tatsächlich "schon sehr bald" die Neubesetzung des Chefsessels der US-Notenbank bekanntgibt. Da dürfte es nicht nur für die US-Aktienmärkte von Bedeutung sein, ob Janet Yellen, die derzeitige Fed-Präsidentin, eine zweite Amtszeit zugebilligt bekommt oder nicht. Vor allem ihr, aber auch dem zweiten Kandidaten, dem Fed-Direktor Jerome Powell, dem größte Chancen auf diese Position von den Ökonomen eingeräumt werden, wird eine Fortführung der bisherigen relativ taubenhaften geldpolitischen Linie der Notenbank zugetraut. Was aber, wenn der dritte Kandidat Donald Trumps, der Wirtschaftswissenschaftler John Taylor, das Rennen macht? Immerhin würde eine Notenbankpolitik nach der von ihm entwickelten Taylor-Formel bedeuten, dass der Leitzins der Fed bereits jetzt viel höher liegen müsste, als er tatsächlich steht - was sich für die Börsen also nicht gerade positiv auswirken würde.
Letztlich hat sich mit der heutigen Stimmungserhebung die große Kluft im Optimismus zwischen institutionellen und privaten Investoren im Vergleich zur Vorwoche etwas verringert. Allerdings haben erstere immer noch deutlichen Nachholbedarf gegenüber ihren privaten Pendants. Aber auch in der relativen Betrachtung gegenüber den Vormonaten oder gemessen an den höchsten Index-Ständen des Vorjahres kann der derzeitige Optimismus zwar als recht ordentlich, aber keinesfalls als exzessiv oder gar euphorisch bezeichnet werden. Damit bleibt noch genügend Nachfrage, um dem DAX im Falle eines größeren Rücksetzers Unterstützung zu geben. Allerdings drohen auf der anderen Seite vor allem bei einem schnellen Anstieg des DAX bereits in einer Größenordnung von etwa 2 bis 2,5 Prozent (gemessen am heutigen Erhebungskurs von 13.030 DAX Zählern) erste Gewinnmitnahmen.
25. Oktober 2017, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
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