(neu: Details zu Umfrage 2. Absatz, Politikwissenschaftler 4. Absatz)
LONDON (dpa-AFX) - Bei der Parlamentswahl in Großbritannien drohen die regierenden Tories einer Umfrage zufolge ihre Mehrheit im Unterhaus zu verlieren. Die Partei von Premierministerin Theresa May könnte bei der Wahl am 8. Juni 20 ihrer 330 Sitze einbüßen, wie aus einer neuartigen Modellrechnung des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die britische "Times" (Mittwoch) hervorgeht. Für eine Mehrheit im Unterhaus wären 326 Sitze nötig.
YouGov befragte nach eigenen Angaben 50 000 Bürger binnen einer Woche in den einzelnen Wahlkreisen. Das Modell der Meinungsforscher habe allerdings eine hohe Fehlertoleranz, hieß es. Zwar sei die Stichprobe der befragten Wähler insgesamt zahlenmäßig deutlich größer als bei gewöhnlichen Umfragen, pro Wahlkreis seien im Schnitt aber nur 75 Wähler befragt worden. Dadurch sei das Befragungsergebnis selbst weniger zuverlässig. Dies werde aber durch andere demografische Daten kompensiert. Mit demselben System habe YouGov auch den Ausgang des britischen EU-Referendums richtig vorhergesagt.
Kritiker des Verfahrens, wie die Gründerin der Denkfabrik Britain Thinks, Deborah Mattinson, bezeichneten das YouGov-Modell als "mutig".
Auch Theresa May zeigte sich bei einem Wahlkampfauftritt in Plymouth wenig von den Zahlen beeindruckt: "Die einzige Abstimmung, die zählt, ist die, die am 8. Juni stattfindet."
In anderen Umfragen liegen die Tories weiter klar in Führung. Nach der letzten Erhebung von ICM kommen die Konservativen auf 45 Prozent und liegen damit zwölf Punkte vor Labour mit 33 Prozent. Mays Partei käme damit auf eine Mehrheit von 76 Sitzen.
Seit Mitte Mai hatte sich der Abstand zwischen den beiden Parteien immer weiter verringert. Bis dahin lag Labour in den meisten Umfragen unter der 30-Prozent-Marke, hat aber inzwischen aufgeholt.
Laut YouGov-Umfrage könnte die Partei von Mays Konkurrenten Jeremy Corbyn gar 28 Sitze hinzugewinnen und käme damit auf insgesamt 257 Mandate.
Politikwissenschaftler John Curtice von der Universität Strathclyde in Glasgow sagte am Mittwoch in London vor Journalisten: "Das Rennen wird jetzt eng ... Die Konservativen werden wohl gewinnen, aber können sich nicht mehr eines erdrutschartigen Sieges sicher sein."
Zuletzt waren Mays Konservative im Wahlkampf vor allem wegen geplanter Einschnitte ins Sozialsystem und bei der Pflege kritisiert worden./gma/si/DP/jha
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