LONDON (dpa-AFX) - Eine Woche nach der Parlamentswahl in Großbritannien hat Premierministerin Theresa May noch immer keine Einigung über eine Minderheitsregierung mit Unterstützung der nordirischen DUP erzielt. Dennoch sei sie zuversichtlich, ihr Regierungsprogramm im Parlament durchsetzen zu können, berichtete die britische Nachrichtenagentur PA am Donnerstag unter Berufung auf konservative Parteikreise. Beide Parteien hätten sich auf die Grundlagen der Regierungserklärung verständigt, die Königin Elizabeth II. zur Parlamentseröffnung am kommenden Mittwoch verlesen wird.
Der Termin für die sogenannte Queen's Speech wurde wegen der andauernden Verhandlungen um zwei Tage nach hinten verschoben. Ursprünglich war die Parlamentseröffnung für Montag (19. Juni) geplant.
Bei der Wahl am 8. Juni hatte May ihre Parlamentsmehrheit verloren und will nun mithilfe der zehn DUP-Abgeordneten eine Minderheitsregierung führen. Der Abschluss eines formellen Abkommens zwischen den konservativen Tories und der Democratic Unionist Party sei aber nicht notwendig, um das Regierungsprogramm auf die Beine zu stellen, hieß es. Beide Parteien wollten die Einheit des Landes stärken, den Terrorismus bekämpfen und den EU-Austritt voranbringen.
Kritiker des geplanten Deals monieren, ein Bündnis zwischen den Konservativen und den rechten Unionisten könne den Friedensprozess in Nordirland gefährden. Die britische Regierung sei als Garant des Karfreitagsabkommens nicht mehr neutral. May hatte deshalb Vertreter aller großen Parteien der Region für Donnerstag zu separaten Gesprächen in die Downing Street eingeladen - neben der DUP auch die katholische Sinn Fein, die unionistischen UUP, die sozialdemokratische SDLP sowie die liberale Alliance Party. Auch Nordirland-Minister James Brokenshire sollte daran teilnehmen.
Das Karfreitagsabkommen von 1998 hatte nach Jahrzehnten der Gewalt zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland den Weg für eine Einheitsregierung zwischen Katholiken und Protestanten geebnet.
Seit 2007 teilt sich die protestantische DUP dort die Macht mit der katholischen Sinn Fein. Die Regierungskoalition in Belfast war im Januar wegen Streitigkeiten über ein misslungenes Förderprogramm für erneuerbare Energien auseinandergebrochen. Erst am Montag hatten die Parteien in Nordirland ihre Gespräche wieder aufgenommen.
Nächste Woche sollen auch die Gespräche mit der EU über einen Austritt Großbritanniens aus den Europäischen Union beginnen. Nach einem Bericht des "Telegraph" erwägt May kurz vor Beginn der Verhandlungen, EU-Bürgern in Großbritannien auch nach dem Brexit weitgehende Rechte zu gewähren. So könnte es EU-Bürgern weiter erlaubt sein, Ehepartner aus Nicht-EU-Staaten ins Land zu bringen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Regierungskreise. Ein weiterer Vorschlag wäre demnach, fast einer Million EU-Bürgern vorzeitig das Bleiberecht in Großbritannien zu geben. Normalerweise müssen sie dafür mindestens fünf Jahre im Land gelebt haben.
Mit den Konzessionen an EU-Bürger wolle die britische Regierung den Start der Austrittsverhandlungen mit Brüssel erleichtern, so der Bericht. Bei den bevorstehenden Gesprächen stehen die Rechte der 3 Millionen EU-Bürger in Großbritannien sowie die Rechte der 1,5 Millionen Briten auf dem Kontinent an erster Stelle.
Ursprünglich wollte Großbritannien mit dem EU-Austritt auch die Einwanderung begrenzen und dafür aus dem Binnenmarkt und der Zollunion austreten. Denn ein freier Handel innerhalb Europas setzt auch die Freizügigkeit seiner Bürger voraus. Nach heftiger Kritik an einem solchen "harten Brexit" scheint May sich nun neu zu positionieren./gma/DP/he
AXC0143 2017-06-15/16:50