LONDON (dpa-AFX) - Die Zeit für den skandalumwitterten Referenzzinssatz Libor läuft ab. Die britische Finanzaufsicht FCA, in deren Einflussbereich die "London Interbank Offered Rate" ermittelt wird, drängt auf eine Ablösung durch ein zuverlässigeres System bis Ende 2021. Unklar ist allerdings, wie der Ersatz aussehen wird und was mit Finanzprodukten passiert, die dann noch auf den Libor zurückgreifen.
"Die Planung und die Überleitung müssen jetzt beginnen", mahnte FCA-Chef Andrew Bailey am Donnerstag in London. Die Märkte dürften sich nicht länger auf den Libor in seiner jetzigen Form stützen. Die an der Ermittlung des Zinssatzes beteiligten Banken hätten aber zugesichert, den Libor noch für eine Übergangsperiode bis Ende 2021 zu pflegen. Bis dahin sollten auch die offenen Fragen geklärt werden.
Der Libor wird seit den 1980er Jahren jeden Bankarbeitstag in London festgelegt. Dazu melden die wichtigsten Geldhäuser die Zinsen, die sie aktuell für Kredite ihrer Konkurrenten zahlen müssen. Der daraus errechnete Libor dient als Basis für Geschäfte in Billionenhöhe - von Baukrediten bis zu komplexen Derivate-Geschäften. Eine Alternative ist der Euribor für den Euroraum.
Das Vertrauen in den Libor ist jedoch erschüttert: Über Jahre hinweg haben beteiligte Banker bei der Ermittlung des Zinssatzes getrickst und ihn damit in eine für sie vorteilhafte Richtung getrieben. Eine ganze Reihe von Großbanken musste im sogenannten Libor-Skandal Milliardenstrafen zahlen. Als Folge übernimmt seit 2014 der US-Börsenbetreiber ICE die Verantwortung für die Libor-Berechnung, überwacht von der FCA. Vorher lag die Libor-Ermittlung alleine in den Händen der britischen Bankenvereinigung. Schon seit Jahren gibt es Forderungen nach einem Ende des Libor./das/stw/stb
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