Die Entspannung in den Kreditspreads hat in den vergangenen Wochen nochmals deutlich an Fahrt aufgenommen. Gemessen am iBoxx Corporate EUR notieren die Kreditspreads europäischer Unternehmensanleihen unterhalb der Marke von 50 Basispunkten. Das gegenwärtige Spreadlevel von 46,5 Basispunkten drückt Zuversicht und Risikobereitschaft aus. Die Berichtssaison an den europäischen Börsen verlief bislang eher positiv und auch die Gesamtkonjunktur blieb in den vergangenen Monaten stabil. Ohne die Unternehmen aus der Finanzbranche liegen die Kreditspreads mit aktuell 42,7 Basispunkten sogar noch niedriger (Stand 25.07.2017).
Branchenspezifisch standen vor allem die Automobilwerte zuletzt unter Beobachtung. Vorwürfe von Seiten der EU-Wettbewerbsbehörde, die deutschen Automobilhersteller hätten sich in wettbewerblich relevanten Themen abgesprochen und der Beginn der kartellrechtlichen Ermittlung haben auch Spuren in den Kreditspreads hinterlassen. Entgegen dem Gesamttrend des Indexes legte der Sektor "Automobiles & Parts" im iBoxx 7 Basispunkte zu. Bei isolierter Betrachtung der deutschen Automobilhersteller fiel der Anstieg noch deutlicher aus. Verschärfen sich die Vorwürfe, müssen sich Investoren auf stärker ausweitende Kreditspreads einstellen.
Auf der anderen Seite des Atlantiks hat indes die US-Schuldenuhr erneut begonnen zu ticken. Die Schuldenobergrenze der US-Bundesregierung wird in gut drei Monaten überschritten sein. Dies weckt Erinnerungen an das zähe Ringen um eine Erhöhung der Schuldenobergrenze zwischen Republikanern und Demokraten im Jahr 2013. Die politische Krise, welche in einer zweiwöchentlichen Schließung vieler Bundeseinrichtungen mündete, droht sich angesichts der aktuellen Zerwürfnisse innerhalb der Republikaner zu wiederholen. Zwar haben die Republikaner eine Mehrheit im Senat, Repräsentantenhaus und stellen auch den Präsidenten, jedoch wirken sie bislang wenig handlungsfähig und geschlossen. Der US-Anleihenmarkt wirft gegenwärtig bereits seine Schatten auf die Entscheidung zur Verlängerung der Schuldenobergrenze am Ende des Jahres. Der Spread zwischen der sechsmonatigen und der dreimonatigen Treasury-Bill, deren Rückzahlungstag unmittelbar mit dem Stichtag der Schuldenobergrenze korreliert, hat sich in den letzten Tagen ins Negative gedreht. Internationale Investoren befürchten offenbar einen Ausfall der kürzer laufenden Staatspapiere und trennen sich von diesen. Auch bei der jüngsten Auktion von dreimonatigen T-Bills an diesem Montag hielten sich Investoren so stark zurück wie zuletzt 2009.
Der politische Streit um die Schuldenobergrenze in den USA könnte auch auf den Unternehmensanleihemarkt überschwappen. Stark von Regierungsaufträgen abhängige Unternehmen wie die Rüstungsindustrie würden mit Ausweitungen in ihren Kreditspreads konfrontiert werden. Europäischen Unternehmenstiteln sollte diese Entwicklung allerdings tendenziell Zulauf bescheren.
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