Von Hans Bentzien
FRANKFURT/KARLSRUHE (Dow Jones)--Das Bundesverfassungsgericht hat die neuen Verfahren wegen der Staatsanleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Wie das Gericht mitteilte, sprechen "nach Auffassung des Senats gewichtige Gründe dafür, dass die dem Anleihenkaufprogramm zugrundeliegenden Beschlüsse gegen das Verbot monetärer Haushaltsfinanzierung verstoßen sowie über das Mandat der Europäischen Zentralbank für die Währungspolitik hinausgehen und damit in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten übergreifen".
Der Senat beantrage die Durchführung des beschleunigten Verfahrens gemäß Artikel 105 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs der Europäischen Union, weil die Art der Rechtssache ihre rasche Erledigung erfordert.
Die Beschwerdeführer hatten in ihren Verfassungsbeschwerden geltend gemacht, dass das Europäische System der Zentralbanken (EZB plus nationale Zentralbanken) mit dem von ihm aufgelegten Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors gegen das Verbot der Staatsfinanzierung mit der Notenpresse und das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung verstoße. Deshalb dürfe die Deutsche Bundesbank an diesem Programm nicht mitwirken. Auch seien der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung verpflichtet, geeignete Maßnahmen gegen das Programm zu ergreifen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits in einem Verfahren gegen das Ankaufprogramm OMT (Outright Monetary Transactions) den EuGH um eine Vorabentscheidung gebeten und sich dessen Auffassungen später trotz schwerer Bedenken weitgehend angeschlossen. Das OMT sieht gezielte Ankäufe von Anleihen einzelner Mitgliedstaaten durch die EZB vor.
In dem aktuell laufenden APP-Programm, gegen das sich die neue Beschwerde richtet, kaufen die Zentralbanken des Eurosystems öffentliche Anleihen gemäß dem EZB-Kapitalschlüssel. Größter Einzelposten sind daher deutsche Bundesanleihen. Die durch die künstliche Nachfrage ausgelösten Zinsrückgänge senken die Finanzierungskosten des deutschen Staats ebenso wie die anderer Euro-Staaten. Beobachter erwarten, dass die EZB das monatliche Volumen der Anleihekäufe 2018 weiter verringern und Ende 2018 auslaufen lassen wird.
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August 15, 2017 04:03 ET (08:03 GMT)
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