Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Kritik an geldpolitischen und bankaufsichtlichen Aktivitäten der Europäischen Zentralbank (EZB) in einigen Ländern der Währungsunion kommt nach Aussage von EZB-Präsident Mario Draghi oft von Medien, die sich keinem internationalen Urteil aussetzen müssen. Auf die Frage nach Ursachen der "schlechten Presse" der EZB in Deutschland oder Italien sagte Draghi bei einer Konferenz in Frankfurt: "Es gibt in einigen Ländern Zeitungen, die von der Außenwelt abschirmt sind, weil sie ihre Landessprache verwenden. Die senden seit Jahren ständig die gleiche Nachricht, ohne Rücksicht darauf, wie die Realität aussieht."
Die Leser dieser Zeitungen, wenn sie keine andere Informationsquelle hätten, glaubten, dass die Realität eine bestimmte Farbe habe, während sie doch tatsächlich eine andere habe, fügte Draghi hinzu. Es handele sich um eine Minderheit, die sich keinem internationalen Einfluss aussetze. Hintergrund von Draghis Äußerungen war eine Podiumsdiskussion über die Frage, wie Zentralbanken nicht nur mit Finanzmarktteilnehmern, sondern auch anderen Bevölkerungsgruppen kommunizieren könne.
"Die Ohren müssen auch bereit sein, zu hören", sagte Draghi. Laut Draghi ist diese Kritik an der EZB jedoch nicht weit verbreitet: "Es ist eine Minderheit, die sich selbst völlig von internationalen Einflüssen abschirmt", sagte er. Solche Schwierigkeiten dürften kein Grund zur Entmutigung sein, sondern ein Grund, noch mehr zu tun. Allerdings könne es bis "zum Sieg" noch etwas dauern.
Kritik an der Geldpolitik der EZB kommt vor allem aus Deutschland, dessen Sparer sich wegen der Niedrigzinspolitik der Zentralbank zunehmend um den Lohn ihrer Sparbemühungen betrogen sehen. In Italien wird derzeit Kritik an den forcierten Bemühungen der EZB laut, die Banken des Landes zu einer Anerkennung und Abschreibung notleidender Kredite zu bringen.
In Deutschland kommt die Kritik an der EZB nicht nur von den Medien, sondern auch von Vertretern der Deutschen Bundesbank.
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November 14, 2017 07:40 ET (12:40 GMT)
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