Angesichts der robusten Weltkonjunktur, die auch die Eurozone erreicht hat, und Ölpreisen auf einem 3-Jahreshoch bekommen Anleger allmählich Inflations-Angst und hinterfragen die aktuell immer noch sehr üppige Geldpolitik. Gehen also bald auch der EZB die Argumente für die Fortsetzung der Anleiheaufkäufe und die Beibehaltung einer Nullzins-Politik aus? Hängt damit ein Damokles-Schwert über den Finanzmärkten? Entwickelt sich gar die Liquiditätshausse zur -baisse?
Selektive Wahrnehmungen am Ölmarkt
Insbesondere geopolitische Spannungen im Nahen Osten geben dem Ölpreis Auftrieb und treiben ihn auf ein zwischenzeitliches 3-Jahreshoch bei fast 70 US-Dollar je Barrel. Ganze Arbeit bei der Preisbefestigung leisten Spekulationen, die in einer massiven Ausweitung der Netto-Long-Positionen am Terminmarkt auf Rekordniveau zum Ausdruck kommen. Allerdings bieten diese ebenso massives Korrekturpotenzial, sobald die fundamentalen Realitäten wieder an Bedeutung gewinnen.
So scheint Russland bei weiterer Ölpreisstabilisierung nicht bereit zu sein, das Förderkürzungsabkommen mit der Opec bis Ende 2018 fortzusetzen. Russland sieht die Gefahr, dass jede Förderbeschränkung bei konventionellem Öl, die zwar zunächst zu einem Preisanstieg führt, von der immer effizienteren US-Fracking-Industrie im Sinne einer margenträchtigen Ausweitung ihrer alternativen Ölproduktion gnadenlos ausgenutzt wird. Dies lässt dann nicht nur den Ölpreis anschließend wieder fallen, sondern führt auch noch zu Marktanteilsverlusten russischer an US-Produzenten.
Folglich dürfte sich auch die Outperformance europäischer Öl-Aktien zum Gesamtmarkt seit Mitte 2017 nicht ungehindert fortsetzen. Investitionen in Energietitel erfordern zukünftig eine höhere Risikotoleranz.
Macht selbst die EZB Schluss mit geldpolitisch-lustig?
Das etwas falkenhaftere Protokoll der letzten EZB-Sitzung wurde am Finanzmarkt in Richtung Straffung des geldpolitischen Kurses interpretiert. Aufgrund verbesserter Wachstumsperspektiven der Eurozone erwarten auch viele große Anleger nicht nur keine Verlängerung der Anleihekäufe ab Oktober 2018, sondern sie wetten bereits auf eine frühzeitigere Zinswende der EZB. Die Argumente für einen Kurswechsel nähren sich auch durch das Abflauen der Eurosklerose und in einem Wahlkampf zu den italienischen Parlamentswahlen am 4. März, bei dem ein Austritt Italiens aus der Eurozone keine großes Thema mehr ist. Insgesamt schlagen sich diese Einschätzungen in stark gestiegenen Netto-Long-Positionen für Euro-US-Dollar am Devisenterminmarkt und einer damit verbundenen tatsächlichen Aufwertung des Wechselkurses Euro zum US-Dollar nieder.
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