Von Barbara Millner
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Chemiekonzern Covestro sieht wachsende Chancen für den Einsatz von Kunststoffen in der Automobilindustrie. Bereits heute seien quasi alle Fahrzeughersteller Kunden, sagte Vorstandsmitglied Markus Steilemann beim ersten Mobility Day des Unternehmens aus Leverkusen. Dabei handele es sich zum Großteil über indirekte Beziehungen über die Zulieferer der Branche wie zum Beispiel den Leuchtenhersteller Hella.
Mobilität sei heute relativ ineffizient, stellte Steilemann fest und verwies auf die wachsende Zahl von Staus. Autofahren werde zur leidigen Erfahrung, und gehe mit einem Anstieg des CO2-Ausstoßes einher.
Der Manager, der im Herbst die Nachfolge des in den Ruhestand tretenden Vorstandsvorsitzenden Patrick Thomas antritt, erwartet außer dem Ausbau der Elektromobilität weitere Veränderung bei der Art und Weise des Fahrens. Angelehnt an die Frage eines schwedischen Möbelhauses fragte er: "Fährst Du noch oder lebst Du schon?" Das Auto der Zukunft sei nicht mehr nur ein Fortbewegungsmittel, sondern es werde zum Beispiel zum Konferenzraum oder zum Wohnzimmer. Und dafür brauche man völlig neue Lösungen. An diesen arbeitet die 2015 von Bayer abgespaltene Gesellschaft intensiv.
Bei der Suche nach innovativen Lösungen ist Covestro eng mit Experten vernetzt. Neben Fachleuten aus dem Autobau und der Zuliefererbranche sind dies auch Experten aus dem IT-Bereich. Google entwickelt über ihr Unternehmen Waymo am selbstfahrenden Auto.
Doch nicht nur Expertise ist für die Pläne des Konzerns wichtig. Das Portfolio sei zwar optimal für die Zukunft vorbereitet, so Steilemann. Covestro schaue sich aber weiter nach Erweiterungsmöglichkeiten um. So genannte Bolt-on-Zukäufe seien zum Beispiel im Bereich Materialien oder Marktzugang denkbar. Mögliche Namen wollte der Manager nicht nennen.
Im Auto der Zukunft steckt mehr Kunststoff
Aktuell seien rund 20 bis 25 Prozent Kunststoff in einem Auto verbaut, beim E-Auto gehe es in Richtung 40 Prozent des Gewichts. Im Auto der Zukunft wird laut Steilemann noch mehr Kunststoff eingesetzt. Ein Zukunftsgefährt hat der Konzern bereits 2016 auf einer Fachmesse vorgestellt. Auf dem Mobility Day zeigte Covestro Journalisten das Konzeptfahrzeug und erklärte seine Visionen für die möglichen Neuerungen in der Autowelt.
Diese zielen vor allem auf mehr Sicherheit und mehr Komfort ab, aber auch die Verringerung des Gewichts von Fahrzeugen und des Energieverbrauchs spielen neben der Individualisierung eine große Rolle. So bietet Covestro zum Beispiel fugenlose homogene Oberflächen aus Kunststoff an, die die aerodynamischen Eigenschaften verbessern sollen. Gemeinsam mit dem Zulieferer Hella wurden Lichtlösungen auf Basis holografischer Folien entwickelt. Sie ermöglichen die Integration von Lichtfunktionen in Karosserieteile. Machbar sei auch eine Rundum-Verscheibung mit Polycarbonat. Die Insassen haben so einen Rundumblick ohne tote Winkel. Gleichzeitig sinke das Gewicht des Fahrzeugs.
Die Gefahr einer Verdrängungen der Polycarbonate und Polyurethane von Covestro durch einen anderen Kunststoff fürchtet Steilemann nicht. Es sei eher so, dass die Rohstoffe von Covestro andere Kunststoffe ersetzten. Die wichtigsten Kunden des Konzerns kommen außer aus der Autoindustrie aus der Bauwirtschaft, der Holzverarbeitungs- und Möbelindustrie sowie der Elektro- und Elektroniksektor.
Aktie bewegt sich in Richtung 100 Euro
Die Geschäftszahlen bestätigen den Erfolg der einstigen Bayer-Sparte MaterialScience. Das dritte Quartal war das beste in der Konzerngeschichte, inklusive der Zeit bei Bayer, sagte der künftige CEO. 2017 werde mit einem positiven Ergebnis gerechnet, ergänzte er. Mehr könne er nicht sagen. Die Zahlen will Covestro am 20. Februar veröffentlichen.
Gute Chancen räumen offensichtlich auch die Investoren dem im MDAX notierten Unternehmen ein. Seit dem Börsenstart Anfang Oktober 2015 mit einem Emissionspreis von 24 Euro hat sich der Kurs kontinuierlich nach oben bewegt und nimmt aktuell Anlauf auf die Marke 100 Euro. Die Aktie entwickelte sich dabei eindeutig besser als der MDAX. Vor wenigen Tagen hat der Investor Blackrock seinen Anteil an den Leverkusenern auf gut 5 Prozent ausgebaut. Die Bayer AG hält direkt noch etwa rund 14 Prozent. Covestro hat zudem gute Chancen auf einen Platz in der ersten Liga der Börse. Im September wird die Deutsche Börse die reguläre Überprüfung der potenziellen DAX-Kandidaten durchführen. Der Konzern erfüllt derzeit die Kriterien für einen Aufstieg in den Index.
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January 19, 2018 05:14 ET (10:14 GMT)
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