Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich beunruhigt über wachsende politische Risiken gezeigt. Die Gefahr einer neuen Euro-Krise mit Blick auf Italien, zunehmender Protektionismus in der Welt und Turbulenzen an den Finanzmärkten bereiten den Währungshütern zunehmend Sorge, wie aus mehren Veröffentlichungen und Reden vom Donnerstag hervorgeht.
EZB-Vizepräsident Vitor Constancio hält den jüngsten starken Anstieg der Renditen auf italienische Staatsanleihen infolge der Regierungsbildung für bedenklich und hält ein Deja-vu mit Blick auf die Euro-Krise für nicht ausgeschlossen. Eine Ansteckungsgefahr durch Italien für andere Länder der Eurozone sei "noch nicht ganz vom Tisch", sagte der Währungshüter angesichts der Vorstellung des EZB-Stabilitätsberichts in Frankfurt. Gefährlich wäre es demnach insbesondere, wenn sich der Zinsanstieg in Italien fortsetzen würde, wovon er allerdings zunächst nicht ausgehe.
Die Aussicht auf eine neue Regierung aus der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung und der rechtspopulistischen Lega hatte in den vergangenen Wochen zu einem starken Anstieg der Risikoaufschläge bei italienischen Staatsanleihen geführt, weil die Anleger höhere Staatsausgaben und damit steigende Schulden befürchten. Hinzu kamen Diskussionen um Pläne über einen Schuldenschnitt sowie eine Veränderung der Berechnung des Schuldenstands. Inzwischen liegt die Rendite zehnjähriger italienischer Staatspapiere bei rund 2,4 Prozent und damit auf dem höchsten Niveau seit dem jüngsten Höhepunkt der Griechenland-Krise im Jahr 2015.
Italien solle sich an die europäischen Haushaltsregeln halten, mahnte Constancio. Dies sei im eigenen Interesse der Italiener - auch mit Blick auf die Reaktionen an den Finanzmärkten. Man müsse jetzt abwarten, welche Politik in Italien tatsächlich umgesetzt werde und was dies für den Haushalt bedeute. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet sagte in Brüssel, Italien habe aufgrund der hohen Schulden wenig Spielraum, die inländische Nachfrage durch höhere Staatsausgaben anzukurbeln.
In ihrem Stabilitätsbericht warnt die EZB vor Gefahren für die Finanzmärkte durch hochverschuldete Eurostaaten. Ein schwächeres Wirtschaftswachstum oder eine durch Schulden finanzierte Haushaltspolitik könnten Einfluss auf die Anleihemärkte haben. Demnach bleiben "einige Euroländer verwundbar". Noch seien die "systemischen Risiken" für die Eurozone aber als nach wie vor gering einzuschätzen.
Die Währungshüter warnten aber auch vor generell steigenden Risiken
an den internationalen Finanzmärkten. Die Anfälligkeiten für Krisen
nimmt demnach zu und die Kurse schwanken inzwischen wieder stärker -
jüngster Höhepunkt waren die Turbulenzen an der Wall Street Anfang
Februar, als der weltweit wichtigste Aktien-Leitindex Dow Jones
Die gestiegene Unsicherheit an den Finanzmärkten führen die Währungshüter auch auf den zunehmenden Protektionismus in der Welt zurück. Verwerfungen in den internationalen Handelsbeziehungen könnten zu außergewöhnlichen Bewegungen bei den Währungswechselkursen sowie zu größeren Schwankungen an den Finanzmärkten führen, heißt es im am Donnerstag veröffentlichten Protokoll zur jüngsten EZB-Zinssitzung Ende April. Man sei sich weitgehend einig gewesen, dass sich die wirtschaftliche Unsicherheit zuletzt erhöht habe.
Die Sorge scheint berechtigt: Erst am Mittwoch war bekannt geworden, dass das US-Handelsministerium auf Weisung von Präsident Donald Trump einen möglichen Weg für Zollerhöhungen auf Autoimporte prüft./tos/jsl/he
AXC0279 2018-05-24/15:48