Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Nach dem Verzicht von SPD-Chef Martin Schulz auf den von ihm eigentlich in einer neuen großen Koalition angestrebten Posten des Bundesaußenministers ist die Forderung nach einem Verbleib des bisherigen Außenministers Sigmar Gabriel (SPD) in dem Amt laut geworden. "Sigmar Gabriel ist ein sehr guter Außenminister. Sigmar Gabriel sollte Außenminister bleiben", erklärte der Sprecher des konservativen "Seeheimer Kreises" der SPD, Johannes Kahrs, über den Kurznachrichtendienst Twitter. "Alles andere würde ich jetzt nicht mehr verstehen."
Der Chef der Jungsozialisten, Kevin Kühnert, forderte hingegen ein Ende der Personaldebatte in der SPD bis zum Mitgliederentscheid über die erneute große Koalition. "Es ist natürlich immer zu respektieren, wenn Leute von Ambitionen zurücktreten", erklärte er. Kühnert forderte aber, "dass die Personaldebatte in der SPD jetzt ruhen sollte". Er könne nur alle warnen, nach dem angekündigten Rückzug von Schulz "jetzt gleich wieder die nächste Person" auf das Tapet zu bringen. "Wir wollten uns bitte schön die nächsten drei Wochen dafür einfach einmal Zeit lassen, so war das Verfahren nämlich auch vereinbart", forderte er.
Die geschäftsführende Bundesarbeits- und Familienministerin Katarina Barley (SPD) begrüßte den Verzicht von Schulz auf ein Ministeramt. "Ich habe Respekt vor der Entscheidung von Martin Schulz. Das zeugt von persönlicher Stärke", sagte sie der Rheinischen Post. "Sein Schritt, nicht ins Kabinett einzutreten, ist angesichts der massiven Kritik folgerichtig", so Barley weiter. Die geschäftsführende Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sagte dem Blatt, sie habe "allerhöchsten Respekt" vor der Entscheidung. Sie forderte die SPD auf, das vergangene Jahr "genau und ehrlich aufzuarbeiten".
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) begrüßte den Verzicht von Schulz auf das Amt des Außenministers, sieht den Schritt aber als zu spät an. "Ich halte seine Entscheidung für völlig richtig", sagte Woidke dem Handelsblatt. "Früher wäre besser gewesen: Für ihn persönlich, die SPD und die Wahrnehmung von Politik in der Öffentlichkeit", betonte er aber.
Schulz hatte zuvor angesichts zunehmender Kritik an seiner Person den Verzicht auf ein Ministeramt angekündigt. "Durch die Diskussion um meine Person sehe ich ein erfolgreiches Votum ... gefährdet", erklärte Schulz. "Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind." In der SPD war der Plan von Schulz zunehmend auf Unmut gestoßen, in einer neuen Koalition Außenminister werden zu wollen.
Nicht zuletzt Gabriel hatte heftige Kritik geäußert und in einem Interview der Funke Mediengruppe beklagt, "wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt". Damit spielte er offenbar auf ein angebliches Versprechen von Schulz an, dass Gabriel im Fall einer neuen großen Koalition Außenminister bleiben dürfe. Allerdings ist nicht bestätigt, dass es dieses Versprechen so gegeben hat. "Ich habe das Amt des Außenministers gern und in den Augen der Bevölkerung offenbar auch ganz gut und erfolgreich gemacht", hatte Gabriel betont.
(mit Material von AFP)
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February 09, 2018 10:53 ET (15:53 GMT)
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