--Politische Unsicherheiten haben in den USA mehr als 10 Prozent Umsatz gekostet
--Interims-CEO sieht schwächeres Ergebnis im 1. Quartal, aber Erholung in zweiter Jahreshälfte
--Dividende soll um 5 Cent steigen
(NEU: Aussagen aus der Telefonkonferenz)
Von Olaf Ridder
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Verpackungsspezialist Gerresheimer hat im abgelaufenen Geschäftsjahr die politischen Unwägbarkeiten der US-Politik voll zu spüren bekommen, konnte bei einem rückläufigem Umsatz allerdings die operative Marge steigern. Deshalb sollen die Aktionäre eine um 5 Cent höhere Dividende von 1,10 Euro bekommen. In diesem Jahr sieht das Düsseldorfer Unternehmen nur bedingte Wachstumschancen.
Finanzchef Rainer Beaujean, der das auf Pharma- und Kosmetikverpackungen spezialisierte Unternehmen seit dem plötzlichen Rückzug von Christian Fischer im Januar übergangsweise führt, sprach auf der Bilanzpressekonferenz von einem "sehr schwierigen" Jahr. Im wichtigen US-Geschäft sei etwa 10 Prozent des Umsatzes weggebrochen. Die Unsicherheit um die Zukunft des Gesundheitsprogramms Obamacare und die Drohung von Präsident Donald Trump, das Nafta-Abkommen aufzukündigen, hätten die Geschäfte von Gerresheimer massiv belastet. Das Unternehmen lieferte in den USA deutlich weniger Glasverpackungen für zu spritzende Medikamente.
Langsam setze jetzt eine Erholung ein, sagte Beaujean, obwohl die Zukunft des Gesundheitssystems und die Frage von möglichen Importsteuern auf Produkte, die Gerresheimer in Mexiko herstellt, noch nicht geklärt sei. Die Läger der Pharmahersteller seien aber so geleert worden, dass es zwischenzeitlich zu einer Unterversorgung gekommen sei. Jetzt normalisiere sich die Situation notwendigerweise. Das habe man bereits im vierten Quartal gesehen, wo der Umsatz um 4,7 Prozent wuchs. Im Gesamtjahr wurde der Rückgang dadurch auf 2 Prozent begrenzt. Insgesamt beliefen sich die Erlöse auf 1,35 Milliarden Euro. Das ursprüngliche Umsatzziel von 1,4 Milliarden Euro wurde damit wie angekündigt verfehlt.
Das operative Ergebnis (adjusted EBITDA) verbesserte Gerresheimer dennoch um 3 Millionen auf 310,8 Millionen Euro, womit die entsprechende Umsatzrendite gegenüber 2016 um 0,7 Punkte auf 23,1 Prozent stieg. Das Konzernergebnis aus fortgeführtem Geschäft lag mit 103,1 Millionen Euro leicht unter dem Vorjahreswert.
Für 2018 erwartet das Unternehmen auf Basis konstanter Wechselkurse einen Umsatz von bestenfalls 1,4 Milliarden Euro, aber mindestens auf aktuellem Niveau. Das währungsbereinigte Adjusted EBITDA wird zwischen 305 und 315 Millionen Euro erwartet, könnte also etwas steigen oder fallen. Im ersten Quartal wird das Ergebnis wegen Investitionen und gestiegenen Rohstoffkosten zunächst fallen, wie Beaujean ankündigte. "Wir wissen aber, dass wir in der zweiten Jahreshälfte wachsen werden." Hoffnungen setzt er dabei auf einen neuen Inhalator, den Gerresheimer für einen US-Pharmakonzern entwickelt hat und der ab diesem Jahr stabile Erlöse bringen soll.
Langfristig will Beaujean das Geschäft deutlich expandieren. Auf dieser Basis und mittels zusätzlicher Sparmaßnahmen soll die konzerneigen berechnete Gesamtkapitalrendite - Gx-ROCE - langfristig auf rund 15 Prozent steigen. 2017 lag sie bei 12,9 Prozent und damit über dem aktuell gültigen Zielwert von mindestens 12 Prozent.
"Unsere erste strategische Priorität ist es, bei bestehenden und neuen Kunden stärker zu wachsen", sagte Beaujean. Daneben sollen neue Produkte und Innovationen das Wachstum befeuern. Überdies will Gerresheimer regional expandieren, seine Wertschöpfung erweitern und das Dienstleistungsgeschäft ausweiten.
Beaujean wird den Konzern mutmaßlich noch eine Weile führen. Es gebe keinen Bedarf an einer schnellen Lösung für die Nachfolge von Fischer, sagte er auf Nachfrage. Das Vorstandstrio sei handlungsfähig, es herrsche kein Stillstand. Bislang hat der Aufsichtsrat nach seinen Worten die Suche noch nicht gestartet.
Händler nannten die Zahlen "in line", werteten aber die starke Dividendenerhöhung und das langfristige Renditeziel als positiv. Die Gerresheimer-Aktie gehört mit einem Minus von 3,3 Prozent am Mittag zu den schwächsten Werten im MDAX.
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February 22, 2018 06:30 ET (11:30 GMT)
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