Im Streit um die Finanzausstattung der EU nach dem Brexit hat das Europaparlament von den Mitgliedstaaten deutlich höhere Zahlungen verlangt. Im nächsten Sieben-Jahres-Haushalt sollte die Obergrenze der Ausgaben bei 1,3 Prozent der Wirtschaftkraft der Mitgliedsländer liegen, heißt es in einem Standpunktpapier, das die Abgeordneten am Mittwoch in Straßburg verabschiedeten.
Das entspräche einer Steigerung von 30 Prozent; derzeit liegt diese Obergrenze bei einem Prozent des Bruttonationaleinkommens. Der aktuelle EU-Haushaltplan läuft Ende 2020 aus. In der Zeit danach muss die EU ohne das Geld des wichtigen Zahlers Großbritannien auskommen. Das Vereinigte Königreich will die Union im kommenden Jahr verlassen. Das Brexit-Loch im Haushalt wird bis auf 14 Milliarden Euro beziffert.
Gleichzeitig steht die EU vor neuen, teuren Herausforderungen: Darunter sind ein verbesserter Schutz der EU-Außengrenzen und eine umfassende Asyl- und Integrationspolitik, die auch die Bekämpfung von Fluchtursachen mit einschließt. Mehrere Mitgliedstaaten haben bereits angekündigt, ihre Beiträge nicht zu erhöhen.
"Wir haben ein Loch in der Kasse und auf der anderen Seite wachsen die Forderungen", sagte Jens Geier von der Europa-SPD, der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im EU-Parlament. Die EU-Mitgliedsländer müssten sich jetzt klar positionieren: "Welche EU wollt ihr eigentlich?" Die Forderung von 1,3 Prozent werde sich in den Verhandlungen mit den EU-Staaten nicht halten lassen, sagte Geier. "Aber wenn wir nicht hoch rangehen, glaubt auch keiner, dass wir Bedarf haben."
Die EU-Kommission wird ihren Entwurf einer mehrjährigen Finanzplanung Anfang Mai vorlegen. Dann beginnen die Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen. Ziel von Kommission und Parlament ist es, sich vor den Europawahlen im Mai 2019 zu einigen. Das Parlament will mit der Abstimmung schon vorab seine Position darlegen und die Gespräche beeinflussen.
Unterstützung bekamen die Abgeordneten vom portugiesischen Ministerpräsidenten António Costa. "Es ist nötig, dass die Mitgliedstaaten mehr einzahlen", sagte Costa am Mittwoch im Parlament. Portugal sei dazu bereit. Auch im Koalitionsvertrag der neuen großen Koalition in Deutschland bekunden SPD und CDU die Bereitschaft, mehr Geld für die EU in die Hand zu nehmen.
Das EU-Parlament will auch, dass die EU künftig über mehr Eigenmittel verfügt - also Geld, das der Union direkt ohne den Umweg über nationale Haushalte zugutekommt. Derzeit sind das vor allem Zölle. EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hatte zusätzlich eine Kunststoffsteuer vorgeschlagen. Außerdem im Gespräch sind Umweltsteuern und eine Finanztransaktionssteuer./vio/DP/jha
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