Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich im Streit um US-Strafzölle für weitere Gespräche ausgesprochen, zugleich aber betont, dass notfalls Maßnahmen dagegen ergriffen werden müssten. "Ich glaube, insgesamt gibt es eine ziemliche Krise des Multilateralismus", sagte Merkel in der Sendung "Farbe bekennen/Das Erste", die am Abend in der ARD ausgestrahlt werden soll. Protektionismus sei nicht der richtige Ansatz.
Die beste Antwort sei ein einheitliches Verhalten der EU-Staaten. "Das ist das, was wir einbringen können, zweitens Gespräche, und drittens natürlich keine Angst, wenn es notwendig ist, was wir nicht wollen, eben auch Maßnahmen ergreifen zu müssen." Die Kanzlerin betonte: "Aber wir setzen im nächsten Schritt jetzt erst noch einmal auf Gespräche." Allerdings könne sie "nicht vorhersagen, ob das gelingt oder nicht gelingt".
Zu dem Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal in Großbritannien erklärte Merkel, sie nehme "die Befunde der britischen Regierung sehr ernst". Sie habe darüber mit Premierministerin Theresa May telefoniert. May macht Russland für den Giftanschlag verantwortlich. Merkel forderte Russland in der Sendung in dem Kontext zu "Transparenz" auf. "Wir müssen mit Russland immer wieder sprechen, auch kontrovers, aber wir haben auch große Meinungsunterschiede", stellte sie fest.
Ein "Weiter so" soll es nicht geben
Die seit Mittwoch im Amt befindliche neue Bundesregierung werde "eine Balance" suchen zwischen Erhaltung des wirtschaftlichen Wohlstandes und einer Bereitstellung von Finanzmitteln, ohne dass "Schulden für die nachfolgenden Generationen" gemacht würden. "Wir wollen eine Koalition sein, die alle Menschen im Lande anspricht", erklärte Merkel. "Es geht darum, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Leben in Deutschland gestalten zu können."
Zugleich gelte es, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, auch "den Schwächeren im Lande helfen" zu können. "Das muss alles in einer Balance sein zwischen den Generationen, zwischen den Regionen." Die Probleme seien "vollkommen anders" geworden, konstatierte die Kanzlerin. "Ich glaube, dass es ein 'Weiter so' überhaupt nicht geben kann", erklärte die CDU-Vorsitzende.
Die Gegenstimmen aus der eigenen Koalition bei ihrer Wahl spielte Merkel herunter. "Ich hatte ja die Stimmenzahl im Kopf, die notwendig ist, um als Bundeskanzlerin gewählt zu werden, und ich war sehr froh", beschrieb sie den Moment der Ergebnisverkündung. "Das ist schon auch viel Vertrauen, und dafür bin ich sehr dankbar."
Merkel war am Morgen vom Bundestag mit 364 Stimmen erneut zur Kanzlerin gewählt worden. Sie übertraf die für die so genannte Kanzlermehrheit nötige Stimmenzahl von 355, erhielt aber 35 Stimmen weniger, als die große Koalition Abgeordnete hat. Dann wurden zuerst Merkel und später die 15 Mitglieder ihres Kabinetts aus CDU, CSU und SPD von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ernannt und dann im Bundestag vereidigt. Damit hat Deutschland 171 Tage nach der Bundestagswahl eine neue Regierung.
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March 14, 2018 11:50 ET (15:50 GMT)
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